OLDENBURG - Er fühlt sich dort zu Hause, wo vielen anderen schwindelig wird. Für den erfahrenen Seilkletterer Andre Bischof ist es der ganz normale Alltag, sich an großen Bäumen und riesigen Industrie- oder Kirchtürmen hinaufzuhangeln. Seit vier Jahren ist der 29-jährige Jungunternehmer vom Drögen-Hasen-Weg auf Häusern und in Baumwipfeln in ganz Deutschland zu Hause. „Wir kommen dahin, wo die Möglichkeiten von THW und Feuerwehr enden“, erläutert Bischof und fügt hinzu: „Manche Seilkletterer sagen, dass sie nie eine Leiter benutzen würden – aber das ist Blödsinn. Wir werden dort eingesetzt, wo unser Einsatz vor allem wirtschaftlich am sinnvollsten ist.“

Zu seinem Arbeitsalltag gehören unter anderem das Beseitigen von Sturmschäden, Totholzentfernung, Kronenrückschnitt, der fachgerechte Einbau von Kronensicherungen und die standortunabhängige Baumfällung. „Nicht jeder alte Baum muss unbedingt gleich gefällt werden“, meint Bischof. Doch leider werde er oft erst gerufen, wenn es zu spät ist. Viele Schäden könnten schon mit einer vernünftigen Jungbaumpflege vermieden werden.

Bäume und Holz lagen Bischof schon immer am Herzen. Nach einer Lehre als Möbeltischler entschloss er sich zunächst dazu, im bayerischen Rosenheim Holzbau und Ausbau zu studieren. Nebenbei machte er einen Seilkletter-Kurs und merkte, dass das „mehr mein Ding ist“. Nach dem Vordiplom brach er das Studium ab und machte sich 2004 als Seilkletterer selbstständig. Zunächst als Nebengewerbe, doch das Geschäft lief so gut, dass er sich nur ein halbes Jahr später voll auf seinen florierenden Betrieb konzentrierte.

Hoch hinaus wollen künftig auch die sechs Kursteilnehmer, die Willie Freese von der Münchner Baumkletterschule in dieser Woche im Wald am Drögen-Hasen-Weg in der Seilkletterkunst unterrichtet. Einer von ihnen ist der 27-jährige Mathias van Rüschen, der Bischof, der den Kurs zu diesem Zweck organisiert hat, künftig als Subunternehmer unterstützen soll. „Wir müssen Aufträge immer zu zweit ausführen, damit der eine im Notfall den anderen retten kann“, erläutert Bischof.

Genau diese Rettung stand am Donnerstag auf dem Programm. Zudem vermittelt der einwöchige Kurs unter anderem Kenntnisse für den Aufstieg, das Bewegen und Positionieren im Außenastbereich, den Handsägen-Einsatz und andere Grundlagen wie Material- und Knotenkunde sowie Sicherungstheorie.


Für die Abschlussprüfung an diesem Freitag wird nach der Praxis, die bis zum Einbrechen der Dunkelheit stattfindet, intensiv Theorie gepaukt. Neben van Rüschen sind auch Patrice Meßjetz (17 Jahre) und Tobias Rosenkranz (22) vom Metjendorfer Garten- und Landschaftsbaubetrieb Richter, Nick Hohnholz (23, Carstens, Varel) und Cuma Yenilmez (32, Garko, Oldenburg) dabei. Die einzige weibliche Teilnehmerin ist Annika Tietz. „Man arbeitet an der frischen Luft und kommt viel herum“, erklärt sie, warum sie zum Baumklettern gekommen ist. Das wichtigste sei aber, dass man sich viel bewegt, ergänzt die 27-Jährige, die früher als Triathletin Leistungssport betrieben hat.