Langeoog /Juist Lange Arbeitszeiten, wenig Freizeit und ein begrenztes Angebot nach Feierabend: Für die Saisonarbeit im Tourismus an der Küste wird es zunehmend schwierig, Personal zu finden. Seit Jahren kämpft die Branche mit dem Problem, das sich durch Facharbeitermangel und demografische Entwicklung noch verstärkt. „Der deutsche Arbeitsmarkt ist fast leer gefegt, obwohl auf den Inseln häufig weit über Tarif gezahlt wird“, sagt Hans-Jürgen Ahlmann vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Ostfriesland.
Doch gute Bezahlung und zumeist ordentliche Unterkunft sind offenbar nicht mehr genug Anreiz und auch nicht überall üblich. Es gebe auch Betriebe mit geringeren sozialen Standards und einer Sieben-Tage-Woche während der ganzen Saison, sagt Volker Pretzer von der Bundesagentur für Arbeit in Leer. Bei ihm sind derzeit 333 offene Stellen im Gastgewerbe auf den ostfriesischen Inseln von Borkum bis Wangerooge gemeldet. Wo das Personal fehlt, müssen vereinzelt sogar Teilbereiche schließen.
„Früher konnten wir das Defizit zwischen April und Oktober durch Saisonarbeiter aus Polen ausgleichen“, sagt Gastronomieberater Ahlmann bei der Dehoga. Doch Arbeitszeiten von bis zu zehn Stunden seien inzwischen für viele junge Leute nicht attraktiv genug. Auch Anwerbeversuche in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit wie Spanien und Portugal verliefen erfolglos. Der erhoffte Schub für das Gastgewerbe blieb aus, die Insellage mache es eben besonders schwer, sagt Ahlmann.
Die Situation ist teilweise auch auf Langeoog, Juist und Baltrum problematisch. „Der Mangel an Facharbeitern ist extrem, und junge Mitarbeiter lassen sich schon lange nicht mehr so einfach begeistern“, sagt Birgit Kolb Binder auf Langeoog. Die Hotel-Chefin geht deshalb inzwischen einen ganz eigenen Weg bei der Personalsuche. Über private Kontakte wirbt sie in Moldawien junge Mitarbeiter an. Diese können nach sechs bis acht Wochen Deutsch-Unterricht in Moldawien eine Stelle in den Hotels auf Langeoog antreten.
Zehn Mitarbeiter hat Kolb-Binder seit Jahresbeginn aus Moldawien nach Langeoog geholt und ist ganz angetan. „Sie sind sehr freundlich und flexibel und haben sich überraschend schnell eingearbeitet.“ Die Hotel-Chefin versichert dabei, die Neuankömmlinge auch von Anfang an auszubilden. „Sonst werden sie ja niemals qualifizierte Arbeit bekommen.“
Eine andere Lösung für den Personalmangel müssen kleinere Familienbetriebe suchen, wenn etwa die erwachsenen Kinder das wenig erträgliche Geschäft der Eltern nicht übernehmen wollen. „Diese Betriebe lassen sich kaum verkaufen und unter Wert abgeben, weil sie als Altersversorgung für die jetzige Generation gedacht waren“, sagt Ahlmann. Erschwerend käme noch hinzu, wenn in der Vergangenheit Kleinbetriebe zu wenig modernisiert hätten. „Auch im Hinterland der Küste gibt es immer noch Häuser mit dem Charme und Ambiente der 60-er Jahre.“