Navigation überspringen
nordwest-zeitung
Abo-Angebote ePaper Newsletter App Prospekte Jobs Immo Trauer Shop

Natur Kommt zurück, ihr Bienen und Falter


Seltener Besucher im Garten: Eine Biene labt sich an einer Sonnenblume.



Oliver Braun

Seltener Besucher im Garten: Eine Biene labt sich an einer Sonnenblume.

Oliver Braun

Sande - Man muss kein Biologe oder Naturwissenschaftler sein, sondern muss nur sehenden Auges die Welt betrachten, um festzustellen: Die Bienen und Schmetterlinge, die Falter, Hummeln, Käfer und viele andere Insekten haben sich rar gemacht. Das Surren und Summen ist vielerorts verstummt.

So fördern Sie Insekten im Garten

Die Gartenberatung im Verband Wohneigentum hat eine Checkliste zusammengestellt, die Gartenbesitzern helfen soll, Bienen, Faltern und Co. zu helfen. Ihre wichtigsten Tipps:Pflegeleichter Artenreichtum: Bepflanzen Sie Ihren Garten pflegeleicht und artenreich. Wildstauden sind die besten Nahrungslieferanten für Larven und Insekten. Wilde Ecken mit Futterpflanzen wie Heckenrosen, Ringelblumen Beinwell und Brennnesseln sollten nicht fehlen. Auch Rasen muss keine Monokultur sein. Blütenpflanzen wie Gänseblümchen schaden dem Rasen nicht, sondern geben ihm ein lebendiges Erscheinungsbild

Bunte, einfach blühende Pflanzen und Wildformen wählen: Das Sortiment im Baumarkt ist oft nicht sehr insektenfreundlich. Häufig werden Pflanzen mit gefüllten oder sterilen Blüten angeboten (Forsythien, Hortensien, Geranien). Hochgezüchtete Pflanzenformen produzieren kaum Pollen und Nektar – Futter vieler Insekten. Wertvoller für die Insekten sind die einfach blühenden Wildformen dieser Pflanzen. Da Insekten von verschiedenen Blütenfarben angezogen werden, ist eine Farb-Mischung ratsam.

Möglichst lange Blühzeit schaffen: Von Vorfrühlingsblühern wie Schneeglöckchen, Huflattich, Wildtulpen, Krokussen im Frühjahr bis zum Spätherbst mit Fetthenne, Herbstastern und Stockrosen sollte über die gesamte Vegetationszeit Nahrung für alle Insektenarten zur Verfügung stehen. Eine wilde Ecke im Garten zulassen: Das ist ein Rückzugsort für viele gefährdete Nützlinge. Automatisch siedeln sich Klee und Brennnesseln an, die gern von Raupen verspeist werden. Wildbienen nisten gern in alten, morschen Apfelbaumstämmen und Totholz.

Beete im Spätherbst nicht aufräumen: Lassen Sie Staudenbeete und Gräser den Winter über stehen und das Laub unter Bäumen oder auf Beeten liegen. Herbstlaub ist im Winterhalbjahr ein wichtiges Überwinterungsquartier für Insekten.

Keine Schottergärten: Insektenfördernde Pflanzen statt „Schottergarten“. Kiesschüttungen und grobe Schotterflächen im Garten vermeiden.

Genau genommen hat der Mensch sie rar gemacht: Natur- und Umweltverbände haben viele Ursachen fürs Insektensterben identifiziert. Eine Hauptursache ist die industrielle Landwirtschaft mit ihren Giften, Überdüngung und monotone Agrar-Landschaft, und erhöhtem Stickstoffgehalt im Boden. Andere Ursachen für das Insektensterben sind der Klimawandel, der Flächenverbrauch, der Verkehr, die Lichtverschmutzung.

Keine Natur im Garten

Und dann sind da noch die vielen Designer-Privatgärten, in der kein Platz ist für Natur, in denen Gift verspritzt wird und ökologische Wüsten aus Steinen angelegt werden, in denen Beete aussehen wie Grabplatten oder Mähroboter keinen Halm und Wiesenkraut mehr wachsen lassen. Dort finden Bienen, Falter und Schmetterlinge keine Nahrung mehr.

Dass allmählich ein Umdenken einsetzt, zeigt zum Beispiel der Landkreis Friesland: Dort laufen Vorbereitungen für ein Insektenschutzkonzept, mit dem flächendeckend Blühflächen angelegt werden sollen, um Insekten das Überleben zu sichern. Und dass viele Menschen etwas für Insekten tun wollen, hat man am Mittwochabend auch in Sande gesehen.

Unter dem Titel „Bienengemeinde Sande – Was tun für Bienen, Schmetterlinge und Co?“ hatten der Bürgerverein, die Gemeinde Sande und das Regionale Umweltzentrum aus Schortens ins Rathaus eingeladen. Rund 120 Interessierte kamen und wollten hören, was die Imker und Blühwiesen-Experten Helmut Gerken und Dr. Dierk Kunzmann zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt zu sagen hatten.

Das Publikum kam nicht nur aus Sande, sondern auch aus Schortens, aus Wilhelmshaven und aus dem Südkreis: „Wir wollen uns informieren, was die Gemeinde Sande schon Positives für die Bienen macht und wollen das in unserer Gemeinde weiterverbreiten“, sagen Helga Imken und Theda Eilers aus Bockhorn und Zetel. Dort sei das Thema genauso wichtig.


Die Referenten stiegen tief ein in die Thematik, unternahmen intensive Exkurse in die Insekten- und Pflanzenkunde und erläuterten, was hier üblicherweise wächst und was hier kreucht und fleucht, wie sich welche Insekten wann und womit ernähren, was sie brauchen und was ihnen fehlt. Es ging um Boden- und Lichtverhältnisse, um Saatgut-Vielfalt und den Erhalt der Biodiversität – in der Stadt, auf dem Dorf, auf landwirtschaftlichen Flächen.

Ein zweistündiger Infomationsoverkill. Dabei wollten viele eigentlich nur wissen, was sie in ihrem kleinen Gärtchen tun können, damit Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Käfer zurückkommen und gute Lebensbedingungen vorfinden.

Kein Zweifel: Der Wille ist da. Die Leute wollen etwas tun für die Insekten und der Rückkehr der Bienen und Falter den Boden bereiten. Viel verkehrt machen kann man eigentlich nicht, riefen Kunzmann und Gerken in ihren Vorträgen auf. Wer etwas für die Artenvielfalt tun will, sollte Regiosaatgut verwenden. Mischungen aus dem Supermarkt oder Baumarkt seien oft nur etwas für das Auge, so Kunzmann. „Das ist schön bunt, sieht sicherlich auch hübsch aus, ist für Insekten aber nur partiell interessant.“

Auch an Gräser denken

Kunzmann riet unter anderem dazu, im Garten Ecken zuzulassen, in denen man die Natur mal Natur sein lässt und einfach mal guckt, was dort wächst, wenn man mal eine Weile nicht mäht. „Es geht nicht nur um Blühflächen, sondern auch um Gräser und Kräuter. Es gibt viele selten gewordene Schmetterlingsarten; und die Raupen sitzen bevorzugt auf Wildgräsern.“ Und Gerken appellierte: „Lasst auch Klee und Löwenzahn im Rasen zu, rupft nicht alles heraus.“

Je nach Bodenbeschaffenheit seien auch Stauden eine Alternative zur Wildblumenmischung, meint Gerken. Und die Hecken: Raus mit Thuja und Kirschlorbeer. Stattdessen lieber blühende Sorten wie Berberitze, Weißdorn oder Liguster. Und: „Schauen Sie, wann die Pflanzen blühen.“ Viele Gartenbesitzer stutzen Hecken und Sträucher, bevor sich Bienen an ihnen laben können. Bei Blumenzwiebeln – Schneeglöckchen, Krokussen oder Blauperlen – sollte man verwildernde Sorten kaufen.

Auch öffentliche Flächen bieten viel Raum für Blühweiden: Friedhöfe, Parkanlagen, Straßenränder, ortsnahe Gewässer. „Das Spektrum ist groß“, sagt Kunzmann.

In Sande soll es – sofern es nicht zu frostig wird – nächste Woche schon losgehen: Hinter der Gemeindebibliothek ist eine Fläche vorbereitet, auf der das RUZ eine erste Blühfläche anlegen will, sagte Ina Rosemeyer vom Regionalen Umweltzentrum. Weitere Blühwiesen sollen rund um das neue Feuerwehrhaus entstehen.

In vielen privaten Gärten wird es wohl auch blühen: Die gratis verteilten Saattütchen fanden viele dankbare Abnehmer. Ein kleiner Anfang für Biene, Schmetterling und Co. ist gemacht.

Oliver Braun
Oliver Braun Redaktion Jever
Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion
Reaktionen

Reaktionen auf VfB-Niederlage in Dresden Appiah: „Sonst wird es für viele Spieler die letzte Saison hier gewesen sein“

Wolfgang Wittig Lars Blancke Dresden

Niedersachsen lernt von Norwegen Warum die Zement-Industrie das Klimagas einfangen will

Stefan Idel Büro Hannover Oslo
Spielbericht

1:2 vor 30000 Fans bei Dynamo Dresden VfB Oldenburg steigt als Drittletzter aus 3. Liga ab

Lars Blancke Wolfgang Wittig Oldenburg
Berliner Notizen

Kurioses und Ungewöhnliches aus der Politik Lauterbachs Maske und der Bürgerrat im Bierzelt

Hagen Strauß Büro Berlin
Kommentar

CDU-Vorstoß zum Rentenalter Die Debatte ist es wert

Kerstin Münstermann Büro Berlin
Auch interessant