WARDENBURG - Gut informiert fühlten sich etwa 70 Zuhörer beim Breitband-Forum der NWZ . Unter dem Motto „Dörfer ans Netz“ lieferte eine hochkarätige, von NWZ -Redaktionsleiter Stefan Idel moderierte, Expertenrunde am Montagabend im „Wardenburger Hof“ wichtige Aussagen zur künftigen Entwicklung der Kommunikationstechnik abseits der Zentren. Dabei gibt es Licht und Schatten: Dörfer, die derzeit nicht auf der Prioritätenliste des Landkreises stehen, werden auch nicht von den Fördergeldern profitieren, deren Vergabe Anfang November von der Landesregierung bekanntgegeben werde. Der Landkreis rechnet aus diesem Topf mit einer Million Euro.

Den einzigen Weg, Orten wie Höven, Westerburg, Astrup und Charlottendorf gehen können – dies machte u.a. Thomas Windgassen (EWE) klar – ist die Gründung einer gemeinsamen Initiative, um dann zusammen mit der Gemeinde und den Providern über Anbindungsmöglichkeiten und deren Finanzierung zu reden. Josef Wunram, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Orts- und Bürgervereine schilderte den Unmut, den viele Bürger derzeit empfinden. „Auf der IFA 2009 wird jetzt mit Fernsehern geworben, die sogar schon Internet empfangen können. In unseren Ortschaften gibt es viele, die von DSL nur träumen können. Hoffentlich nicht bis zum 2000-Sankt-Nimmerleinstag.“

Deutlich besser sieht die Zukunft für die Wardenburger Gebiete aus, die auf einer dreistufigen Prioritätenliste stehen. „Ich gehe davon aus, dass so gut wie alle priorisierten, weißen Flecken angeschlossen werden“, unterstrich Hans-Werner Aschoff, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises. Davon profitierten landkreisweit 18 000 Haushalte. Bis spätestens Ende 2011 müssten die Konjunkturpaket-II-basierten Maßnahmen umgesetzt sein.

Firmenchef Gerwin Eilers, Hafen- und Industrietechnik (HIT), schilderte plastisch, wie schlecht derzeit die Situation in den Wardenburger Gewerbegebieten noch ist. „Meine Mitarbeiter laden größere Dateien zum Teil zu Hause in Oldenburg aus dem Netz. An unserem Standort in Brake ist der Internetzugang vier- bis fünfmal so schnell, obwohl wir nicht einmal die schnellstmögliche Verbindung gebucht haben“, berichtete er. Die Download-Rate sei in Wardenburg auf 1500 Kbit/s gesunken und behindere massiv die firmeninterne Kommunikation.

Im Durchschnitt kostet ein zusätzlicher Kilometer Glasfaserleitung inklusive der Tiefbauarbeiten 50 000 Euro. Diese Zahl bestätigten sowohl Jürgen Schneider, Telekom-Vertrieb für den DSL-Aufbau in der Region Nord, wie auch Thomas Windgassen, Leiter der EWE-Geschäftsregion Cuxhaven/Delmenhorst. Eine Zahl, die auch vom externen Berater der Landesregierung, Dipl.-Ing. Simon F. Rüsche, mitgetragen wird. In diesem Punkt regte sich allerdings deutlicher Widerspruch aus dem Publikum. Detlef Sonnenberg (SPD, Tungeln) und Gemeindemitarbeiter Wolfgang Depken wiesen darauf hin, dass seit Jahren in vielen Straßen schon mit dem Verlegen von Leerrohren wichtige Vorarbeiten geleistet worden sind. „Bei der Zahl der Anträge in der Vergangenheit kann es eigentlich kaum noch Lücken geben“, so Depken. Der Wunsch des allgemeinen Vertreters der Bürgermeisterin, Frank Speckmann, als Kommune Einblick in die Kabelausbaupläne zu erhalten, wurde mit Hinweis auf die Sensibilität der Daten von


keinem der Providervertreter verbindlich zugesagt.

Regierungsberater Rüsche, der am Dienstag zu einer Breitband-Konferenz der Bundesregierung nach Berlin, reiste, scheute keine unbequemen Aussagen. Weil es keinen Grundversorgungsauftrag im Bereich der Breitbandverkabelung gebe, bleibe die legitime Renditeerwartung der großen Provider der ausschlaggebende Faktor. Erst in etwa drei Jahren sei mit einer neuen Generation der Funktechnik zu rechnen, die dann allen Nutzern die heutige DSL-Geschwindigkeit ermögliche. Aber auch dies werde nicht billig: „Der Bau eines Funkturms kostet 100 000 Euro.“ Weitere Förderprogramme des Wirtschafts- und Landwirtschaftsministeriums sollen 2010 starten.

Telekom-Vertriebler Schneider bestätigte, dass der Konzern keinen weiteren Ausbau des Kabelnetzes in der Region plane. Anders dagegen die Aussage Windgassens. „Die EWE geht davon aus, dass sie den Zuschlag aus dem laufenden Interessensbekundungsverfahren bekommt. Wir werden dann weiter ausbauen.“ Wie stark Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bei den Breitbandanschlüssen eine Rolle spielen, zeigte die Reaktion der Provider auf die Klagen der Unternehmer Gerwin Eilers und Tim Bunger. Für eine Monatsmiete von 800 Euro sei „umgehend“ eine Anbindung per Glasfaserkabel (34 Mbit) möglich, so der Telekomvertrieb.

Armin Köpke (CDU) riet den Bürgern der Randgebiete, sich zusammenzuschließen, um über eine größere Marktmacht und das Anbieten von Vorverträgen interessant für Provider zu werden. Doch das grundsätzliche Problem der ländlichen Region dürfte noch lange fortdauern. Regierungsberater Rüsche betonte, das Ziel der Landesregierung sei, kurzfristig eine generelle Anbindung mit 1 bis 2 Mbit/s zu erreichen. Die nächste Ausbaustufe (Datenraten bis zu 50 Mbit) gelte ausdrücklich nicht für den ländlichen Raum.