Navigation überspringen
nordwest-zeitung
Abo-Angebote ePaper Newsletter App Prospekte Jobs Immo Trauer Shop

Denkmalschutz Weiche für Stellwerk neu gestellt

Ahlhorn - Der Bahnhof Ahlhorn hatte vor rund 100 Jahren eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die Zweigbahn nach Vechta sowie der Luftschiffhafen und spätere Fliegerhorst trugen dazu bei. In Richtung Höltinghausen wurden über ein sogenanntes Sandgleis erhebliche Sandmengen transportiert. Neben der Abfertigung der Personenzüge gewann der Güterverkehr so immer mehr an Zuwachs. Ein umfangreiches Gleisfeld wurde ausgebaut. Im Februar 1931 gab die Reichsbahndirektion Oldenburg ein ungewöhnliches Dienstgebäude in Auftrag: Ein Stellwerkgebäude mit einem im oberen Stockwerk befindlichen 50 000 Liter Wassertank. Noch im selben Jahr entstand, südlich vom Ahlhorner Bahnhof, eine Stahl-Betonkonstruktion, die für die damalige Zeit üblich mit der typischen Klinkerbauweise versehen wurde. Das Stellwerk mit der Dienstbezeichnung As (Ahlhorn Süd) an der Vechtaer Straße entstand.

1932 eingeweiht

1932 konnte das Stellwerk „Ahlhorn Süd“ samt einem gemauerten Brunnen seiner Bestimmung übergeben werden. Es erfüllte gut 58 Jahre seinen Dienst. Im ersten Obergeschoss befand sich der Arbeitsplatz des Weichenwärters, der zu beiden Seiten die Gleis- und Signalanlagen durch großzügige Verglasung im Blick hatte. Im Erdgeschoss befand sich der Spannwerksraum. Dabei handelte es sich für die damalige Zeit um ein kleines technisches Meisterwerk, das für die Sicherheit im Schienenverkehr, absolut reibungslos funktionieren musste.

Hier sorgte von Eisenträgern herab eine große Zahl Eisenhängegewichte dafür, dass die nach Osten hin in einer unterirdischen Drahtzugöffnung auslaufenden Seile im Winter wie im Sommer auf gleicher Spannung blieben. Eine Mechanik mit Zug- und Spannseilen führte entlang der Schienen in Kanalschächten, über gefettete Lenkungsrollen und Halterungen, zu den jeweiligen Weichen- und Signalstellungen.

Teilweise führten diese Verbindungen zu mehr als 1000 Meter entfernten Weichen und Signalen. Je nach Auslastung des Bahnbetriebs Ahlhorn taten im Stellwerk drei Bahnbeamte im Schichtwechsel ihren Dienst. Neben den Anforderungen im Betriebsdienst hatten sie auch die Aufgabe, eine Apparatur im Auge zu behalten, die auf die Füllmenge des obigen Wassertanks hinwies. Wurde viel Wasser verbraucht, wurde eine Kolbenpumpe eingeschaltet. Versorgt wurden nicht nur Dampfloks und Kesselwagen, sondern auch betriebseigene Dienstgebäude, so auch Dienstwohnungen.

Gutes Trinkwasser

Das Wasser aus Ahlhorn genoss einen hervorragenden Ruf: Dazu ein Ausschnitt aus der Wildeshauser Zeitung vom 14. September 1933: „Im Oldenburger Lande gibt es nur wenige Gegenden, die sich eines so guten Trinkwassers rühmen können wie Ahlhorn. Als nach Beendigung des Krieges verschiedene Industrien in Ahlhorn Fuß fassen wollten, wurde jedes Mal die Wasserfrage eingehend behandelt. (....) Die Eisenbahnverwaltung hat mit großer Überlegung im vorigen Jahr in Ahlhorn einen neuen Wasserturm bauen lassen, dessen Fassungsvermögen und Pumpanlage auf größere Leistungsfähigkeit berechnet wurden. Heute wird von hier aus eine große Anzahl Stationen mit Trinkwasser versorgt. Nördlich über Oldenburg hinaus bis nach Butjadingen gehen täglich Wasserwagen mit einem Ladegewicht von 16 Tausend Liter ab. Seit einiger Zeit wird auch das Gebiet, das bisher von Hude versorgt wurde, von Ahlhorn aus mit Wasser beschickt. Als Kesselspeisewasser für Lokomotiven erhält das Wasser einen besonderen Wert, da lösliche Stoffe, die die gefürchtete Kesselsteinbildung verursachen, nur in verschwindend kleinen Spuren vorhanden sind.“

Nach der Abschaffung der Dampflokomotiven wurde der Wasserbehälter noch einige Jahre für die Versorgung der Dienstgebäude benutzt. Mit der Fertigstellung des Dr-Stellwerks (Drucktastenstellwerk) im Jahre 1990 am Ahlhorner Bahnübergang wurde der gesamte Zugbetrieb in Ahlhorn und Höltinghausen zentral gesteuert.


Damit verlor das Stellwerk As letztendlich 1991 seine Funktion und war dem Verfall preisgegeben. Hinzu kam die Zerstörung. Nach und nach wurden sämtliche Glasscheiben samt Fensterkreuze kaputt geschlagen und immer wieder Türen aufgebrochen. Rein äußerlich machte das Stellwerk einen jämmerlichen Eindruck. 1996 wurde das knapp 15 Meter hohe markante Gebäude mit einer Länge von 11,38 Meter und einer Breite von 6,58 Meter aufgrund seiner Bedeutung für die Wirtschafts- und Technikgeschichte unter Denkmalschutz gestellt.

Abriss war im Gespräch

Für die DB Netz AG stand Ende 2008 fest, die Bauruine abzureißen. Sie suchte bei der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises um Zustimmung zum Abbruch für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude nach. Glücklicherweise vereinbarten der Landkreis und die Vertreter der DB aber, vorrangig Möglichkeiten für eine Sanierung mit einem Nutzungskonzept auszuloten. Im Mai 2009 führte der Monumentendienst eine Inspektion des Gebäudes durch und sprach sich für eine Sanierung aus. 2014 wurden ein Sanierungskonzept und eine Kostenermittlung erarbeitet. Das Konzept erwies sich als realisierbar und es wurden Fördermittel beantragt. Als Basis wurde ein Trägerverein gegründet.

Im April 2015 unterzog man den Wasserturm einem Belastungstest. Die Freiwillige Feuerwehr Ahlhorn pumpte 33 000 Liter Wasser in den Turmtank. Es zeigte sich, dass das vor 84 Jahren in Stahlträgern erbaute Funktionsgebäude noch immer seine Aufgabe erfüllen konnte.

2015 wurde mit der Sanierung des Stellwerks begonnen. Zum Tag des Denkmals am 11. September 2016 konnte das Gebäude der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Was zunächst nicht ins Auge fällt: Das in seiner Doppelfunktion technisch zur damaligen Zeit ausgereifte Dienstgebäude wird man heute bundesweit nirgendwo mehr antreffen.

Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion

460 Millionen Euro Fördergeld Entscheidung über Finanzierung der Zentralklinik naht

Aike Sebastian Ruhr Uthwerdum

150000 Euro zusätzlich für Photovoltaik auf Dächern Stadt stellt Förderung von Balkonanlagen ein

Thomas Husmann Oldenburg

Internetausfall in Wilhelmshaven und Friesland Glasfaserkabel sind repariert – jetzt arbeitet EWE den Fall auf und schließt eine Klage nicht aus

Stephan Giesers Wilhelmshaven
Interview

Forderung des Kinderschutzbundes „Teilhabe von Jugendlichen auf dem Land verbessern“

Stefan Idel Büro Hannover

Zwischen Kampe und Edewechterdamm Die B401 wird ab Mittwoch für fast ein Jahr gesperrt

Heiner Elsen Kampe
Auch interessant