WESTERHOLT - Dirk Teebken hat beim Aufräumen auf dem Dachboden seines Elternhauses einen aus historischer Sicht kleinen, wertvollen Schatz in einer Holztruhe entdeckt: Sechs alte Geschäftsbücher aus Zeiten, als es noch die Schmiede Teebken gab und sein Vorfahre Johann Diedrich Teebken in Westerholt die Ziegelei gründete. „Zwei Stunden bin ich bestimmt nicht von den Papieren weggekommen“, erinnert sich der Landmaschinenmechaniker.
Auf dem vergilbten Papier sind in deutscher Schrift akribisch sämtliche Geschäftsvorgänge zwischen 1824 und 1919 festgehalten worden. Diese zu entziffern, hat ein wenig etwas vom Lesen von Hieroglyphen. Gustav Lüschen hat sich für den Museumsverein die Fleißaufgabe gemacht, die Einträge der Schmiedemeister und des Ziegelei-Besitzers zu entziffern. „Mit der Lupe habe ich die Handschrift analysiert und Buchstaben verglichen, dann ging es“, erinnert er sich.
So weiß die Nachwelt jetzt, wie viel das Beschlagen eines Pferdes Anfang des 19. Jahrhunderts kostete (sieben Groschen), und das der Käufer eines Werkzeugs (Quicke) zwei Goldtaler und zehn Groschen auf den Tisch legen musste.
Auch das Verleihen von Geld an Kunden kam dann und wann vor. „Wir haben mit unseren Rechnungen bis auf weiteres alles abgetragen. Ohne das, was ich ihm geliehen habe“, heißt es in dem Rechnungsbuch für die Jahre 1824 bis 1829. Der Schmiedemeister und seine Nachfolger müssen ihr Handwerk verstanden haben: Die Kundschaft machte sich aus Huntlosen, Eversten oder sogar Bersenbrück auf den weiten Weg.
Besonders spannend sind die erhaltenen Schriftwechsel, mit denen der alte Schmiedemeister im Jahr 1840 die Großherzogliche Regierung in Oldenburg um die Erlaubnis für den Aufbau einer Ziegelei ersuchte. Nachdem ihm kurz zuvor das Amt den Betrieb einer Branntweinbrennerei noch untersagt hatte, steht es der neuen „zündenden Idee“ deutlich aufgeschlossener gegenüber: 1840 erhielt er zuerst die Erlaubnis, Ziegelsteine für den Bedarf der eigenen Familie zu brennen. Wenige Monate später wird die Konzession bereits soweit ausgeweitet, dass die Ziegelei mit dem Verkauf der begehrten Steine beginnen kann. Anfangs arbeiten bis zu sieben Männer in Westerholt. Täglich stellen sie an die 7000 Steine her. Die Zeiten sind hart: Maschinen gibt es noch nicht, nur beim Mischen des Tons mit Sand und Wasser hilft eine Rührvorrichtung mit Pferdeantrieb.
Erst 1914 werden eine Dampfmaschine, ein Tonraspler und eine Ziegelpresse angeschafft. Der wachsende Konkurrenzdruck durch andere Ziegeleien macht dies auch dringend nötig. Nach dem I. Weltkrieg steigt so der Output auf bis zu 30 000 Ziegel pro Tag. Selbst nach dem II. Weltkrieg, bei dem der Großteil der Maschinen zerstört wird, läuft die Produktion dank der reichhaltigen Tonlager zwischen Hundsmühlen und Klein Scharrel mühsam wieder an. 27 Arbeiter produzieren bis zu 12 000 Steine, die dann zu den Baustellen gefahren werden. Erst 1966 wird die Westerholter Ziegelei endgültig stillgelegt. Um die Sanierung des Ringofens und des angrenzenden Technikgebäudes macht sich seit vielen Jahren der Museumsverein Alte Ziegelei verdient.