Stuttgart/München - Allein das Wort lässt manche Augen glühen: Expedition. Es klingt nach Abenteuer und erinnert an die Zeit der Entdecker, die sich durch das Eis der Antarktis oder den Dschungel des Amazonas schlugen. Doch diese Tage sind vorbei, die Erde ist nahezu komplett erkundet. In heutigen Zeiten stehen Expeditionen im Programm vieler kommerzieller Reiseveranstalter. Was sich hinter dem Begriff verbirgt, ist aber höchst unterschiedlich.
Aufwendige Logistik
Die Expedition ist keine klar definierte Reiseform. Das zeigt sich beim Blick in die Reisekataloge. Meier’s Weltreisen vermarktet eine normale Kanada-Rundreise ab Seattle als „Expedition Nordwest“. Bei Wigwam ist die Expedition eine Aktivreise „für den abenteuerlich orientierten Reisenden“, der Natur erleben will. Darunter fallen Camping-Safaris in Afrika. Diamir bezeichnet solche Reisen dagegen lediglich als „Reisen mit Expeditionscharakter“, zu durchaus abenteuerlichen Zielen wie Angola, Tschad und Turkmenistan.
„Bei kommerziellen Expeditionen reden wir im weitesten Sinne von aufwendigen Reisen zu mehr oder weniger nicht jedem zugänglichen Orten“, sagt Alex Krapp von der Zeitschrift „Outdoor“. Im engeren Sinn ist eine Expedition aber etwas sehr Spezielles: die Besteigung eines besonders hohen Berges.
Bei Diamir heißen diese Reisen daher explizit Bergexpeditionen. Beim DAV Summit Club ist die Expedition definiert als mehrtägige Unternehmung mit Hochlagern über 6000 Metern. „Das können technisch leichte Berge wie der fast 7000 Metern hohe Aconcagua in Südamerika sein, wo man noch nicht einmal Steigeisen braucht, oder technisch anspruchsvolle Gipfel wie die Ama Dablam im Himalaya“, sagt Produktmanager Christoph Schnurr. Entscheidend sind die Höhe und Zugänglichkeit des Gipfels. Der Kilimandscharo mit 5895 Metern läuft beim DAV Summit Club nur als Hochtour und Zelt-Trekking.
Expeditionsreisen zeichnen sich unter anderem durch eine aufwendige Logistik aus. „Wenn man so etwas selbst organisieren möchte, ist man schnell bei einem halben Jahr Aufwand“, sagt Krapp. Die Versorgung und Einrichtung von Lagerketten, Genehmigungen von Behörden, das Anheuern von lokalen Trägern – all das ist für einen Individualreisenden kaum allein zu machen.
Die Hauptreiseziele sind der Himalaya und die zentralasiatischen Hochgebirge sowie die Anden in Südamerika. Denn nur dort sind die Berge so hoch, dass man von einer Expedition im eigentlichen Sinne sprechen kann. „Die beliebtesten Ziele bei uns sind der Aconcagua in Südamerika und der Pik Lenin in Zentralasien“, sagt Schnurr. „Aber auch der Kun in Indien ist bei uns sehr erfolgreich. Der Berg ist noch sehr ursprünglich.“ Die höchsten Berge im Programm des Anbieters sind derzeit Cho Oyu, Manaslu und Shishapangma – allesamt höchst anspruchsvolle Achttausender im Himalaya.
„Die Kundengruppe sind klassischerweise Bergsteiger, denen die Alpen zu klein sind“, sagt Schnurr. „Wir haben aber auch zunehmend Kunden, die aus dem Leistungssport kommen und sonst eher Marathon oder Triathlon laufen.“ Niedrige Temperaturen, Zelten, Tagesetappen von zwölf Stunden: Expeditionsreisende haben keine großen Ansprüche an Komfort oder gar Erholung. „Und dann spielt auch der Nervenkitzel eine Rolle“, sagt Krapp. „Expeditionen sind verhältnismäßig gefährlicher als andere Reisen.“ Es seien „Reisen für Könner“.
Auf Expeditionen werden die Teilnehmer zwar von einem Bergführer begleitet und angeleitet. Doch die Art der Reise setzt ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und auch technisches Können voraus. Deshalb behalten sich Anbieter wie der DAV Summit Club und Diamir vor, Kunden bei mangelnder Eignung und Erfahrung abzulehnen. Um die Fertigkeiten einschätzen zu können, verlangen die Veranstalter eine Tourenliste mit bereits bestiegenen Bergen.
Schlafen im Zelt
Die benötigten Fähigkeiten hängen vom technischen Anspruch der Expedition ab: „In vergletschertem Gelände sollte man sich bewegen und selber helfen können, dazu gehört ein Spaltenbergungskurs“, gibt Schnurr als Beispiel. Die Teilnehmer schlafen im Zelt. „Da sollte man auch selbst Essen zubereiten und Wasser schmelzen können.“
Wer eine Expedition unternehmen will, braucht außerdem Zeit – in der Regel mindestens drei Wochen. Denn der Körper muss sich an die Höhe gewöhnen, Akklimatisierung ist überlebenswichtig. Und letztlich spielt auch das nötige Kleingeld eine Rolle: Expeditionen sind teuer. Ein Anhaltspunkt: Für die dreiwöchige Tour auf den Aconcagua müssen Reisende mit gut und gern 5000 Euro kalkulieren.