Hannover - Es begab sich zu einer Zeit, als die Welt über Deutschlands Digitalisierungsbemühungen immer lauter lachte, die Wirtschaft große Probleme für den Wirtschaftsstandort Deutschland aufkommen sah und die Bürger mehr online erledigen wollten: Ab 2015 wurde immer wieder darüber nachgedacht, wie man mit einem Schlag alle Probleme lösen könnte. Jeder wollte und konnte mitreden. Wer mit Amazon, Ebay und Google arbeitete, merkte, dass Digitalisierung funktionieren kann. Bestellt, bezahlt und geliefert. Retouren problemfrei. Der Kunde ist König.
Da wollten Bund und Länder nicht nachstehen. Es wurde gegrübelt und geplant. Dann kam die zündende Idee: Ein Eintopf sollte es sein. Ein Eintopf? „Ja, ein Eintopf kann äußerst lecker sein und wir lösen damit alles auf einmal“, erklärte der Bundeskoch für Digitalisierung, auch „CIO“ genannt. So dachte sich der Bundeskoch das Rezept für die Digitalisierung in Deutschland aus: ein Portal für alle, über das alle Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden können.
Einfach gedacht und schnell gemacht wurde das Rezept: das Onlinezugangsgesetz (OZG). Darin steht der Wunsch des Bundes, dass die Bürger 575 Verwaltungsleistungen ab 1. Januar 2023 online erhalten sollen.

Thorsten Bullerdiek ist der Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes. Er ist Autor zahlreicher Fachartikel und der ersten Fachbücher für Verwaltungen zur Einführung des Internet, zudem Mitglied im IT-Planungsrat des Landes Niedersachsen, im Steuerungskreis Digitale Verwaltung und Vizepräsident im Niedersächsischen Rat der Europäischen Bewegung. (Foto: privat)
Nachdem alles mehrere Jahre gekocht wurde, bat der Bundeskoch zur ersten Geschmacksprobe. Doch keiner wollte probieren. Nun waren schon einige Millionen im Eintopf versenkt und er wollte und wollte nicht schmecken. Und noch schlimmer: Selbst die Hilfsköche wollten nicht mehr probieren. „Och, wenn das keiner will, lassen wir uns doch vom Bundestag mal ein paar Milliarden geben, um neu zu kochen. Was viel kostet, schmeckt nachher auch besser“, sagte der Bundeskoch, und seine Helfer aus den Ländern stimmten freudig zu.
Gesagt, getan. Da gerade eine Pandemie schonungslos die Defizite der Digitalisierung aufzeigte, gab der Bundestag drei Milliarden Euro, mit denen Bund und Länder nun ihre Projekte neu kochen konnten. Dabei passten sie sorgsam auf, kein Geld in die Kommunen zu geben.
„Nur wir können nur zentral gut kochen“, waren sich der Bundeskoch und seine Helfer aus den Ländern schnell einig. „Mehr Planwirtschaft wird uns helfen, zentrale Software zu basteln. Marktwirtschaftlich ist das nicht hinzubekommen. Zuviel Innovation und womöglich Konkurrenz. Das tut keinem Produkt gut. Das beste Beispiel ist das Heiraten. Es gibt nur ein Verfahren. Das gehört einer Firma, die gibt den Takt vor, legt die Preise fest (die die Kommunen bezahlen müssen) und alle bekommen das gleiche. „Wir nennen das „EfA“ (Einer für Alle). „Das Monopol regelt alles und das schöne dabei ist, dass es am Ende die Kommunen bezahlen. Damit sind wir fein raus“, so der Bundeskoch.
So rühren und kochen sie noch heute bei Bund und Ländern. Nur die Kommunen nicht – sie schauen noch immer, wie sie den Bürger wirkliche Hilfe und wohlschmeckende Gerichte zu erträglichen Preisen anbieten können. Aber das ist eine andere Geschichte…