Ammerland/Oldenburg - Wer eine Mietwohnung sucht, braucht 3G: Geduld, Glück und Geld. In Oldenburg und dem Ammerland waren zu Wochenbeginn gerade mal 132 Angebote in einem großen Online-Portal geschaltet. Dabei sind Tausende auf der Suche. Doch gleichzeitig ist der verfügbare Wohnraum pro Einwohner deutlich gestiegen. Wohnungsnot auf der einen Seite, aber immer mehr verfügbarer Wohnraum auf der anderen Seite – wie passt das zusammen?
37 Prozent mehr Platz
Bundesweit hatte 1991 jeder Einwohner im Schnitt 34,9 Quadratmeter zur Verfügung. 2021 waren es bereits 47,7 Quadratmeter. Ein Anstieg um fast 37 Prozent. Gleichzeitig – und das ist auch schon ein Teil der Erklärung – wuchs die Zahl der Singlehaushalte stetig.
Zwischen 2012 und 2023 stiegt in Oldenburg die Zahl der Wohneinheiten um fast genau 10.000 Stück. Gleichzeitig wuchs die Stadt aber um 13.000 Einwohner. Teilten sich Anfang 2012 noch 1,86 Personen eine Wohnung, so waren es im vergangenen Jahr 1,8 Personen. Wann genau der Trend zu Single-Wohnungen in Oldenburg einsetzte, ist statistisch nicht dokumentiert. Aber seit einigen Jahrzehnten wohnen von Jahr zu Jahr immer weniger Menschen in einer Wohnung.
Alterspyramide
Das liegt auch an jungen Menschen, die in Oldenburg studieren. Einige leben in WGs, aber viele wohnen auch alleine oder zu zweit in einer Wohnung. Am anderen Ende der Alterspyramide gibt es ebenfalls den Trend zu Ein- oder Zwei-Personen-Haushalten. Erst ziehen die Kinder aus, später verstirbt ein Partner. Und schließlich lebt nur noch eine Person in einer eigentlich viel zu großen Wohnung oder einem Einfamilienhaus. Manche „verkleinern“ sich dann, ziehen um in eine kleinere Wohnung. Aber das tun eben nicht alle.
Und wer das große Haus verkauft hat, gönnt sich als Single im Alter gern auch eine komfortable Wohnung mit 70, 80 oder 90 Quadratmetern. Wenn das Geld durch den Hausverkauf vorhanden ist, muss es schließlich kein Mini-Appartement sein.
Im Ammerland sieht die Situation etwas anders aus. Hier wurde im Verhältnis deutlich mehr Wohnraum geschaffen. Rund 8500 neue Wohneinheiten entstanden zwischen 2012 und 2023. Im gleichen Zeitraum stieg die Einwohnerzahl um 9500 Menschen. Das bedeutet: Pro 1000 Zuzügler gab es 894 Wohneinheiten. In Oldenburg lag die Quote nur bei 769.
Und noch etwas ist anders im Ammerland. Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Haushaltsgröße bei 2,03 Personen. Anfang 2012 hatte dieser Wert sogar noch bei 2,17 Personen gelegen.
Stadt-Land-Gefälle
Was sind die Gründe für das Stadt-Land-Gefälle? Viele Jugendliche kehren nach dem Schulabschluss dem Ammerland den Rücken. Sie studieren in Großstädten (oft in Oldenburg). Aber auch Azubis verlassen das ländliche Einfamilienhaus und bevorzugen das großstädtische Angebot in Oldenburg. Viele kehren dann übrigens einige Jahre später wieder zurück.
Der Trend zu mehr Wohnfläche und weniger Personen pro Haushalt dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken. In den Baby-Boomer-Haushalten ziehen nun nach und nach die erwachsenen Kinder aus (wenn es nicht schon passiert ist). Ehepaare um die 60 werden aber vorerst weiter in ihrem Einfamilienhaus wohnen bleiben. Zum einen ist ein Verkauf wegen der gesunkenen Preise aktuell nicht attraktiv. Zum anderen fehlen interessante Alternativen auf dem Wohnungsmarkt. Das betrifft vor allem das Ammerland mit einer Einfamilienhaus-Quote von an die 80 Prozent.