Cäciliengroden - Das Wattenmeer – mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten sind in diesem Ökosystem zu Hause. „Damit spielen wir hier in der gleichen Liga wie das Great-Barrier-Reef oder der Grand Canyon. Unsere Artenvielfalt fällt nur oft nicht so ins Auge, man muss meist schon genauer hinsehen“, sagt Sylke Barkmann aus Schortens. Und diese Sehhilfe, die bietet die fachlich überaus versierte Nationalparkführerin an, die auch der wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz (WAU) mit Sitz in Jever angehört. Wer sich von ihr in die Salzwiesen führen lässt, gerät schnell ins Staunen.
Immer wieder vom Meer überflutet
Die Salzwiesen sind ein ganz besonderer Lebensraum im Wattenmeer. Sie gehören zum Meer, einerseits. Aber wenn sich das Meer mit den Gezeiten zurückzieht, dann sind sie eher Land. Weil die Flächen, die unter anderem am Deich vor Cäciliengroden und entlang der Deiche im Wangerland zu finden sind, mehrere hundert Mal im Jahr vom Meerwasser überflutet werden, ist in den Salzwiesen auch eine entsprechende Salzkonzentration zu finden. Und damit auch zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, die sich auf genau diesen Lebensraum spezialisiert haben.
Die Salzwiesen bringt Sylke Barkmann den Menschen bei ihren Führungen näher. Weitere Termine in Cäciliengroden sind am Mittwoch, 31. Juli ab 15 Uhr sowie am Sonntag, 11. August, ab 11 Uhr und am Freitag, 30. August, ab 15 Uhr. Die Teilnahme kostet sechs Euro pro Person, Kinder bis zehn Jahre können kostenlos teilnehmen. Treffpunkt ist der Flutmast vor dem Dorfgemeinschaftshaus in Cäciliengroden. Empfohlen wird das Tragen von festem, derbem Schuhwerk und einer langen Hose.
Weitere Informationen gibt es unter 04422/958810 oder im Internet unter www.sande.de
Wer mit Sylke Barkmann einen Spaziergang in die Salzwiesen unternimmt, der bekommt nicht nur einen ganz neuen Blick für die Schönheit dieses einzigartigen Lebensraums, sondern der spürt auch die Begeisterung der Nationalparkführerin, die vor kurzem sogar das Buch „Salz. Wiese. Watt“ über die Salzwiese veröffentlicht hat. „Es fehlten hier einfach aktuelle und leicht zu lesende Informationen“, erklärt sie ihre Intention für das Buch. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, den Menschen das einmalige Ökosystem näherzubringen – ob mithilfe eines Buches oder eben mit einer Führung direkt vor Ort.
Großes Interesse an Führungen
Auch an diesem Juli-Nachmittag bietet Sylke Barkmann eine Führung an. Es ist eher grau, den ganzen Tag über gab es Regenschauer. Dennoch hat sich eine Gruppe Neugieriger am Flutmast am Ende der Hermann-Schulz-Straße in Cäciliengroden zusammengefunden - zehn, zwölf Leute, Einheimische und Touristen. Einer ist nicht so richtig vorbereitet, statt Jeans und Gummistiefel trägt er Anzug und Lederschuhe, ein anderer gibt offen zu, eigentlich nur seiner Frau zuliebe mitgekommen zu sein. Doch am Ende ist genau dieser Mann noch begeisterter als alle anderen: „Ich hätte nie gedacht, dass eine Salzwiese so interessant sein kann“, sagt er.
Mit der Gruppe geht es über den Deich, entlang des Salzwiesenstegs und dann direkt hinein in die Salzwiese, bis ganz nach vorn, dort wo der Queller wächst. Sylke Barkmann hat Übung in diesen Führungen. Sie wählt treffsicher verschiedene Pflanzen und kleine Tiere aus, die den Teilnehmern unterwegs begegnen und erläutert sie.
Strandflieder, Andelgras und Küstenseidenbiene
Die Auswahl ist je nach Vegetationszyklus unterschiedlich. „Man kann eben nicht alles erklären, das wäre viel zu viel“, sagt sie. Aber allein der Strandflieder, der in diesen Tagen blüht, ist schon ein faszinierendes Bild. Und das Andelgras, auf das die Landwirte für ihr Milchvieh eigentlich gar nicht verzichten wollten, weil es dafür sorgt, dass die Milch einen leicht süßlichen Geschmack bekommt. Oder die Portulak-Keilmelde – zu allem erfahren die Teilnehmer der Tour interessante Details.
Die Salzwiesen sind seit 2009 Unesco-Weltnaturerbe und streng geschützt. Niemand darf einfach etwas pflücken und mitnehmen. Als ausgewiesene Nationalparkführerin ist es Sylke Barkmann erlaubt, kleine Proben zu entnehmen – zum Zeigen und Probieren. Queller mit seiner ausgeprägt salzigen Note ist dabei der Renner.
Erstaunt sind die Teilnehmer auch über die Küstenseidenbiene, die sich komplett im Boden bei der Strandaster entwickelt und sich vorwiegend vom Nektar und von den Pollen dieser Pflanze ernährt. Sie gehört zu den rund 2000 Insekten, die in den Salzwiesen vorkommen. Die Küstenseidenbiene ist dabei unter den rund 400 Spezialisten zu finden, die ausschließlich dort zu finden sind.

Aktuell hat der Strandflieder Saison, die Landschaft ist in leichtes Violett getaucht.
Annette Kellin
Die Salzwiese – auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar, Sylke Barkmann hilft, die Geheimnisse zu entdecken.
Annette Kellin
Die Salzwiese – auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar, Sylke Barkmann hilft, die Geheimnisse zu entdecken.
Annette Kellin
Faszination Salzwiese: Nationalparkführerin Sylke Barkmann (Mitte) öffnet die Augen für die Schönheit im Wattenmeer.
Annette Kellin
Der Queller, deutlich salzig und durchaus lecker.
Annette Kellin