Wilhelmshaven - An der Spitze der Einsatzflottille 2 steht ein Wechsel bevor. Nach beinah sechs Jahren verlässt der Chef des Stabes und stellvertretende Kommandeur, Kapitän zur See Andreas Seidl, den größten Kampfverband der Deutschen Marine. Der 59-Jährige stellt sich neuen Aufgaben und wird Anfang Mai das Kommando über die Marineoperationsschule (MOS) in Bremerhaven übernehmen. „Ich gehe hier sehr ungern weg, die Einsatzflottille 2 ist schließlich meine militärische Heimat. Als Chef des Stabes habe ich mit zwei tollen Kommandeuren zusammengearbeitet, die mir stets voll vertraut haben“, sagt Seidl.
„Doch ich freue mich auf die Aufgaben an der MOS, obwohl ich für den Schulbetrieb außer als Lehrgangsteilnehmer noch keine Erfahrung mitbringe. Meinen Gestaltungswillen habe ich jedenfalls noch nicht verloren.“ So ist der Kapitän zur See etwa immer noch davon überzeugt, dass die Marine mehr in die Taktikentwicklung und -ausbildung investieren muss. „Die richtigen Grundlagen sind an der MOS ja gegeben.“
Stets Vorbild bei soldatischen Tugenden
Kapitän zur See Seidl steht für Geradlinigkeit, Gehorsam, Disziplin, Opfermut und Kameradschaft – alles für ihn unverzichtbare soldatische Tugenden. Vor allem jedoch hat der vorbildliche Seeoffizier bereits von Kämpfern gesprochen, als das in Deutschland noch längst kein Thema war. So sagte er im Jahr 2013 als Kommandeur des 2. Fregattengeschwaders in einem Interview mit der WZ: „Ich glaube, dass auf der politischen Ebene eine ehrliche Diskussion vonnöten wäre, was den Kernbereich des Soldatenberufes ausmacht. Denn als Soldat bin ich in erster Linie Kämpfer. Dieser Kämpfer wendet zur Sicherung der Interessen unseres Landes und im Rahmen unserer gesellschaftlichen Werte und Gesetze Gewalt an.“
Heute beinah visionär, denn nicht nur der Verteidigungsminister spricht längst von „Kriegsfähigkeit“ und erwartet, dass die Truppe im Ernstfall kämpfen kann.
Fordernde Einsätze und Manöver im internationalen Umfeld bilden aus Sicht von Andreas Seidl den richtigen Rahmen, um die Besatzungen mit ihren Schiffen für die Landes- und Bündnisverteidigung zu trainieren. „Gerade ordentliche Einsätze wie zuletzt der ,Hessen‘ im Roten Meer haben uns alle zu raschen Entscheidungen gezwungen und ich denke, wir werden die positiven Effekte spüren. Menschenführung im Gefecht ist nun auch für die Deutsche Marine eine reale Erfahrung und liefert wichtige Erkenntnisse für die gesamte Flotte. Daraus können wir gewiss Lehren ziehen.“
Beruf steht nicht für Bequemlichkeit
Geeignete Nachwuchskräfte für die Marine ließen sich besser gewinnen, wenn die Werbung realistisch die soldatischen Tugenden in den Vordergrund stellt, ist der scheidende Chef des Stabes überzeugt. „Gesellschaftliche Entwicklungen können wir als Marine nicht beeinflussen, aber wir müssen die jungen Leute da abholen, wo sie stehen. Jedem sollte allerdings klar sein, dass unser Beruf nicht für Bequemlichkeit steht, sondern eben für Disziplin und Tapferkeit. Kämpfen können muss für alle Soldatinnen und Soldaten Gewicht haben. Und da muss sich jeder selbst fragen: bin ich bereit, dass wirklich zu leisten?“ Die Freiheit unseres Landes zu sichern und verteidigen, sei auf jeden Fall etwas zutiefst Befriedigendes.