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nordwest-zeitung

Torfspitt in Kayhausen Vom Leben und Arbeiten im Moor

Ganz schön kräftezehrend: das Torfstechen.

Ganz schön kräftezehrend: das Torfstechen.

Kerstin Schumann

Kayhausermoor - Erika Kröger öffnet eine Brotdose, drinnen befindet sich etwas Grünes. Die Umstehenden gucken interessiert. „Das hier ist Sphagnum, ein Torfmoos. Es kann das 20fache an Wasser speichern“, sagt Erika Kröger und quetscht die Pflanze aus wie einen Schwamm. Die Zuhörer staunen. Es sind Touristen und Einheimische, die eine Gästeführung im Kayhauser Moor gebucht haben. Die Zwischenahnerin hatte im vorigen Jahr die Nachfolge von Herbert Wemhoff angetreten, der über viele Jahre hinweg bei solchen Führungen sein Wissen weitergegeben hat. Aber auch Erika Kröger kennt die Besonderheiten des Moores, erzählt von den typischen Pflanzen und den dort lebenden Tieren, deren Lebensraum immer knapper wird. Denn die 74-Jährige ist in Kayhauserfeld aufgewachsen und kennt das Moor von Kindesbeinen an.

Torf zum Heizen

„Moor entsteht aus abgestorbenen Pflanzen und wächst nur etwa einen Millimeter pro Jahr“, sagt sie. Dort, wo Torf gestochen wurde, lassen sich die Schichten, die über Jahrhunderte hinweg meterhoch gewachsen sind, gut erkennen. So stoppt die Gruppe bei der Bodenstation Moor. Hier ist vor einer Moorwand eine Informationstafel angebracht, auf der sich das Alter der Schichten nachvollziehen lässt und mit wichtigen Ereignissen der Zeitgeschichte in Verbindung gebracht wird.

Kurze Zeit später kennen die Gäste auch den Unterschied zwischen Weißtorf, der obersten Schicht, die als Einstreu im Stall genutzt wurde, und Schwarztorf, der kompakten untersten und ältesten Schicht, aus der früher Heizmaterial gewonnen wurde. „Wer im Winter warm sitzen wollte, musste Torf graben. Kinder mussten sogar früher ein bis zwei Torfsoden mit zur Schule bringen, damit dort geheizt werden konnte“, erklärt Erika Kröger den Umstehenden. Brenntorf sei aber auch verkauft worden, beispielsweise an die Stadtbevölkerung in Oldenburg.

Das Torfstechen sei hart und kräftezehrend gewesen, betont Erika Kröger, während sie selbst zu Torfkarren und -spaten greift, in die Grube hinabsteigt, unter sichtlicher Anstrengung einen Quader absticht und im hohen Bogen auf die Wiese befördert. „Hier werden sie dann zu Ringen gelegt“, erklärt sie und weiß, wovon sie spricht. Denn sie selbst hat als junges Mädchen Torfsoden zum Trocknen aufgeschichtet.

Moor für Anwendungen

Auch heute noch wird im Kayhauser Moor Torf abgebaut und zwar in einem Gebiet, das der Kurbetriebsgesellschaft gehört. 1964 erhielt Zwischenahn die staatliche Anerkennung als Moorheilbad. Denn das Moor aus Kayhausen gilt als gesundheitsfördernd und hilft beispielsweise bei Rheuma. Nach wie vor wird das „schwarze Gold“ für Anwendungen in der Kurklinik genutzt. Ob für Wannenbäder oder Packungen, das angelieferte Moor wird zerkleinert, mit Wasser angereichert und erhitzt. Später wird die gesundheitsfördernde Masse über eine Pipeline zurückgeleitet.

Neben dem Abbaugebiet gibt es auch renaturierte Flächen, wo die Besucherinnen und Besucher erahnen können, wie früher weite Teile der norddeutschen Landschaft ausgesehen haben, dominiert von Moorbirken, Faulbäumen, Heide, Wollgras und tiefdunklen Seen.

Genau die richtigen Rahmenbedingungen für einen Mord, der hier vor mehr als 2000 Jahren geschehen ist. Die Leiche des Jungen aus dem Kayhauser Moor hat schon 1922 seinem Entdecker Friedrich Roggemann und seinen Zeitgenossen Schauer über den Rücken gejagt. Und so wird die Gruppe auch in die Nähe des Fundorts geführt, verbunden mit einigen Erklärungen zu den gruseligen Ereignissen.

Weitere Gästeführungen sind für Freitag, 26. Juli, 30. August und 27. September, jeweils von 14 bis 16 Uhr, geplant. Die Teilnahmegebühr beträgt 8 Euro. Treffpunkt ist Ecke Lüneborger Damm/ Sonnentauweg in Bad Zwischenahn. Nähere Information bei der Touristik, Tel. 04403/619 159. Anmeldungen nimmt auch Erika Kröger unter Tel. 0170/7816801 entgegen.

Kerstin Schumann
Kerstin Schumann Redaktion Westerstede
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