Ostfriesland - Es klingt noch weit weg, tatsächlich sind die vorhandene Zeit aber kurz und die Herausforderungen groß. In elf Jahren fehlen in Ostfriesland nach gegenwärtigen Prognosen rund ein Drittel der Hausärzte. Der sogenannte hausärztliche Versorgungsgrad sinkt von aktuell etwa 100 Prozent im Jahr 2035 auf unter 70. Ein guter Versorgungsgrad läge laut Kassenärztlicher Vereinigung (KVN) zwischen 100 und 110 Prozent. Das erscheint nach aktuellem Stand kaum schaffbar.
Patienten drohen längere Wartezeiten und Wege
Im ostfriesischen KVN-Hauptsitz in Aurich sind die Sorgen daher groß. Patienten müssten sich auf erheblich längere Wartezeiten und längere Wege einstellen, sagt KVN-Geschäftsführer Dieter Krott gegenüber dieser Redaktion. Linderung im großen Stil brächten aus seiner Sicht nur mehr Ärzte – und dafür müssten deutlich mehr Studienplätze angeboten werden. „Auch in Oldenburg“, sagt Krott. Und obwohl die KVN diese Forderung seit Jahren adressiere, resultiere sie nicht in spürbaren Verbesserungen. „Dabei muss man bedenken, dass ein Mensch, der heute anfängt zu studieren, erst in zehn bis zwölf Jahren fertig sein wird.“ Dieser Vergleich demonstriert, dass die vermeintlich weit entfernte Jahreszahl 2035 gar nicht so weit weg ist.
An vielen Fronten werden zurzeit die Herausforderungen bekämpft. Krott verweist etwa auf aktuell 50 Hausärzte und 33 Fachärzte, die sich in Weiterbildungen befänden. „Und es ist auch nicht unmöglich, dass sich weitere Ärzte in Ostfriesland niederlassen wollen.“ An weiteren Fronten kämpft der noch junge Verein Gesundes Ostfriesland, ein Zusammenschluss von Menschen und Institutionen, die die düsteren Prognosen und ihre Folgen für die Menschen abmildern wollen. Irgendwie.
„Gesundes Ostfriesland“ will Ideen und Konzepte zur Linderung beisteuern
Unter den Vereinsmitgliedern ist Professor Dr. Philipp Walther, Gesundheitsökonom und Professor für Gesundheitsmanagement an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins und er erzählt gegenüber dieser Redaktion von Ideen und Ansätzen, die die inzwischen 50 Mitglieder des Vereins aktuell bearbeiten. Alle haben irgendwie mit dem Gesundheitsthema zu tun, es sind Ärzte und Anbieter gesundheitlicher Dienstleistungen, einige arbeiten bei den öffentlichen Gesundheitsdiensten. Es sind aber auch die Städte Emden und Aurich sowie der Landkreis Aurich und die Hochschule Emden-Leer dabei.
Zu den aktuellsten Projekten zählt ein Versorgungsatlas, eine wuchtige Excel-Tabelle, die Aufschluss über den jeweils aktuellen Stand der ärztlichen Situation geben soll. Mit diesem Zahlenwerk wolle der Verein bei Entscheidungsträgern werben. Eine Imagekampagne für Pflegeberufe ist bereits gestartet. Aktuell liefen Förderanträge für weitere Projekte, etwa Gemeindeschwestern, ein Unterstützungs- und Pflegeprojekt für ältere, zu Hause lebende Menschen und ihre Familien. Aurichs KVN-Chef Krott findet Gefallen an den Ideen. „Das ist als Unterstützung sehr gut“, sagt Krott. „Aber die Lösung werden nur mehr Ärzte sein.“