Krummhörn - Das Backhandwerk zieht sich wie ein roter Faden durch das bewegte Leben von Michael (64) und Gina (69) Bösen aus Manslagt. Die beiden Neu-Krummhörner weisen einen nicht alltäglichen Lebenslauf auf und haben nun ihre Ruhe im beschaulichen Manslagt gefunden. Doch an Ruhestand ist auch hier nicht zu denken, denn die Leidenschaft für Brot und Brötchen lässt sie nicht los.
Michael Bösen selbst stammt aus einer Bäckerfamilie. Schon um das Jahr 1920 wurde der Familienbetrieb im Kreis Mettmann zwischen Düsseldorf und Wuppertal von Großvater Peter Bösen gegründet. Der Betrieb spezialisierte sich von Anfang an auf Vollkornbackwaren und war damit auch schnell in Reformhäusern und anderen Läden vertreten. Aus dem kleinen Betrieb wurde in den 1960er und 1970er Jahren eine Großbäckerei mit 320 Angestellten.
Abschied von Großbetrieb
Nach dem Tod des Vaters übernahm Michael Bösen den elterlichen Betrieb und verkaufte ihn bald. Ihn zog es ins nahe gelegene Langenfeld, wo er eine neue Bäckerei mit vier Filialen und 40 Mitarbeitern quasi aus dem Boden stampfte. „Wir wollten uns verkleinern und es familiärer haben“, sagt Bösen im Gespräch mit dieser Redaktion. Und das funktionierte an der neuen Wirkungsstätte. Die Bäckerei lief prächtig. Im Jahr 2001 erfüllten sich Gina und Michael Bösen jedoch einen langersehnten Traum: auswandern. Also wurde die Backstube in Nordrhein-Westfalen 2001 verkauft und das Ehepaar zog nach Cala Millor an der Ostküste Mallorcas.

Im Foodmobil gibt es viermal die Woche Brot, Brötchen und mehr in Manslagt. Bild: privat
Prominente Gäste
Auf der Insel machten sie sich mit einem Bistro-Betrieb schnell einen Namen, natürlich durften auch hier die selbst gebackenen Kuchen nicht fehlen. „Wir waren da keine Touristenabsteige, sondern eher ein Treffpunkt für die dauerhaften Gäste“, sagt Bösen. Der Laden mit Café und Bar zog viele prominente Besucher an. Mit Rudi Völler haben sie schon gemeinsam Geburtstag gefeiert, weil Gina Bösen und der ehemalige Fußballprofi am gleichen Tag Geburtstag haben. Mit Tim Mälzer hat Michael Bösen schon gemeinsam in seinem Laden gekocht. Und an der Bar wurden schon bekannte Gesichter wie Entertainer Jürgen Drews, der ehemalige Fußballspieler Rainer Zobel oder die Fernsehmoderatorin Siggi Harreis bedient. Das alles belegen eindrucksvolle Fotos aus der Zeit in Spanien. Die schönsten davon haben die Bösens an einer Wand in ihrem Wohnzimmer in Manslagt aufgehängt.
Zurück nach Langenfeld
Doch auch Mallorca konnte kein Platz für immer sein. Als nach einem Jahrzehnt der Pachtvertrag für das Gebäude auslief, entschlossen sich Gina und Michael Bösen zurück nach Deutschland zu kehren. Und es ging direkt wieder nach Langenfeld, wo sie den alten Bäckereibetrieb zurückkauften und wieder Brötchen backten. „Das hat uns so richtig schön geerdet“, sagt Michael Bösen heute. Knapp zehn Jahre betrieben sie die Backstube mit viel Leidenschaft, bis die nächste Station in ihrem Leben folgen sollte.

Die alten Manslagter Bauernstuben sind heute das Zuhause von Michael und Gina Bösen. Bild: privat
Eigentlich wollten sie 2020 Urlaub auf Norderney machen. Weil aber die Corona-Pandemie das nicht ermöglichte, mieteten sich die beiden für vier Wochen in dem Ort Manslagt ein und verliebten sich in das kleine Krummhörner Dörfchen. „Wir haben es hier wirklich genossen. Eines Tages haben wir den alten Hof entdeckt, der zu verkaufen war“, erinnert sich der Bäcker- und Konditormeister. Sie vereinbarten einen Besichtigungstermin für die alten Manslagter Bauernstuben und kauften den jahrhundertealten Hof noch im Urlaub.
Umzug nach Ostfriesland
Ein Jahr später verabschiedeten sie sich aus Langenfeld, verkauften die dortige Backstube ein zweites Mal und zogen in die Krummhörn. Zwei Jahre lang haben sie den Hof von innen saniert. Die ehemalige Gaststube der Manslagter Bauernstuben ist heute das Wohnzimmer der beiden. Als echtes Original steht die Theke samt Zapfhahn noch im Raum.
Das Ehepaar bewohnt das Erdgeschoss und hat auch einige Ferienwohnungen im Gebäude verwirklicht.
Was man aber von außen nicht sieht, ist die kleine Backstube im hinteren Teil. Hier backt Michael Bösen wieder. Dieses Mal allerdings nur noch als Ein-Mann-Betrieb. „Wir machen das auch, um noch etwas Spaß und Abwechslung zu haben“, sagen beide fast übereinstimmend. Was Michael Bösen hinten backt, verkauft Gina Bösen vorne im Wagen.
Einen Laden in klassischer Form haben sie nicht mehr. Mit dem Foodmobil aber eine „gute Alternative“ gefunden. Und viermal in der Woche sind nun auch in Manslagt wieder frische Brötchen, Brot und Kuchen zu kaufen.

Die alte Theke samt Zapfhahn gehört heute zum Wohnzimmer des Ehepaars. Bild: Jens Tammen