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nordwest-zeitung

Gesetzesänderung in Niedersachsen Kritik an Novellierung der Baurechtsordnung

Wo gebaut wird, so wie hier an der  Ostseestraße im Baugebiet Eversten-West, mussten bisher Parkplätze geschaffen werden. Das ist nun ab 1. Juli nicht mehr der Fall.

Wo gebaut wird, so wie hier an der Ostseestraße im Baugebiet Eversten-West, mussten bisher Parkplätze geschaffen werden. Das ist nun ab 1. Juli nicht mehr der Fall.

Archiv/Thomas Husmann

Oldenburg - Scharfe Kritik an der Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung übt die BSW-Fraktion im Oldenburger Stadtrat. Darin wird die Stellplatzverpflichtung bei Neubauvorhaben und damit die Möglichkeit der Kommunen Ablösebeträge zu erheben, abgeschafft, so Hans-Henning Adler (BSW).

55 Millionen weniger

Den Kommunen in Niedersachsen gehen laut Mitteilung der Oldenburger Stadtverwaltung mindestens 55 Millionen Euro verloren, weil Ablösebeträge nicht mehr erhoben werden können, die in der Vergangenheit fällig wurden, wenn ein Bauherr bei einem Neubau von Wohnungen nicht für ausreichende Stellplätze gesorgt hatte. Diese Ablösebeträge konnten die Kommune dann für die Beordnung des ruhenden Verkehrs in den Städten und Gemeinden verwenden. Adler: „Die Kommunen hatten bis zuletzt gehofft, dass der Landtag erlauben würde, eine Stellplatzverpflichtung durch kommunale Satzung dort anzuordnen, wo dies von den gewählten Räten für sinnvoll erachtet wird. Dieses kommunale Instrument zur Steuerung des ruhenden Verkehrs wurde den Kommunen aber jetzt aus der Hand geschlagen.“ Besonders skandalös sei, dass das Land keinen finanziellen Ausgleich für die entfallenden Ablösebeträge gewähre.

Auf Aufzüge angewiesen

Kritik kommt auch von den Behindertenverbänden. Annetraud Grote, niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen zum Wegfall der Stellplatz- und Aufzugspflicht: „Das ist für Menschen mit Behinderungen schwierig – diese sind häufiger auf Aufzüge und Autos angewiesen, als Menschen ohne Behinderungen.“ Das Ziel, mehr und schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, teile sie. Aber es müsse auch ausreichend bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden.

Typengenehmigungen

Neben dem Thema Stellplätze ist es aus Sicht der Landesbeauftragten ein Rückschritt, dass sogenannte Typengenehmigungen für Aufzüge aus anderen Bundesländern künftig auch in Niedersachsen bedingungslos anerkannt werden. Grote: „Das heißt, dass nicht mehr geprüft werden muss, ob sie den niedersächsischen Standards entsprechen, solange sie in einem anderen Bundesland den Vorgaben entsprechen. Wir in Niedersachsen sind Vorreiter im Bereich Barrierefreiheit in der Bauordnung, die anderen Bundesländer bleiben deutlich dahinter zurück. Ich fürchte, dass diese Änderung zwar zu mehr und schneller gebautem Wohnraum führen wird, da so auch serielles Bauen oder die Modulbauweise attraktiver wird, dieser neue Wohnraum wird aber auch seltener barrierefrei sein.“