Im Nordwesten - Es gibt drei Arten, mit Menschen zu reden – und zwar völlig unabhängig vom Thema, von der Emotion und der Lautstärke, vom Anliegen, von der Situation und der Frage, wie wir zueinander stehen. Mit der Art, wie wir uns unterhalten, können wir uns von unseren Mitmenschen distanzieren oder uns mit ihnen verbinden. Wer die Königsdisziplin beherrscht, kann echte Beziehung herstellen, egal, ob er übers Wetter oder seine Lebensträume spricht.
1. Zu jemandem sprechen. Das machen wir gerne, wenn wir etwas loswerden wollen, völlig egal, wo und wie es ankommt. Wenn wir etwas Spektakuläres erlebt haben, zum Beispiel das: Ein Heißluftballon ist auf der Kreuzung gelandet und wir standen gerade mit dem Auto an der Ampel, als sich das Ballontuch über unser Auto senkte und alles finster wurde wie eine Neumondnacht.
Es gibt aber auch Menschen, die drängen ihrem Gegenüber ohne Rücksicht auf Verluste jede beliebige Lappalie auf: Jemand hat außergewöhnlich lange geschlafen, ist mit der letzten Mahlzeit unzufrieden oder freut sich auf seinen Geburtstag nächste Woche – in der epischen Breite einer Herr-der-Ringe-Trilogie.
Alles, was wir von unserem Gegenüber in diesem Modus wollen, ist, dass er uns aufmerksam folgt und sich unser Erstaunen – oder auch unser Ärger, unsere Freude oder Aufregung – in seinem Gesicht widerspiegelt. Dieses Bedürfnis haben wir alle mal. Doch wenn diese Form der Kommunikation den Hauptanteil unserer zwischenmenschlichen Gespräche ausmacht, brauchen wir uns nicht wundern, dass uns die Leute aus dem Weg gehen.
2. Mit jemandem sprechen. Wir führen rege Unterhaltungen, tauschen Erlebnisse und Argumente aus, interessieren uns für unser Gegenüber und fragen nach. Das ist die in (guten) Freundschaften am häufigsten praktizierte Form der Kommunikation. Wir wissen, was den anderen bewegt und wollen mehr darüber erfahren. Wir teilen unsere Meinung dazu, haben vielleicht selbst Anekdoten und Ratschläge. So entsteht das, was wir ein Gespräch nennen.
Kaum zu glauben, aber selbst das ist nicht selbstverständlich. Ein Gespräch, in dem beide sich und ihre Erlebnisse, Gedanken, Gefühle und Argumente als gleichwertig betrachten, ist rar. Noch rarer ist die dritte Form der Kommunikation.
3. Jemandem im Gespräch begegnen. Das ist die Königsdisziplin. Denn wer seinen Gesprächspartner wirklich als Mensch sieht, kann ihn auch fühlen. Diese Art des Gesprächs hat mehr mit Empathie als mit einem Austausch von Argumenten zu tun und deswegen brauchen wir dafür auch nicht nur unseren Mund, sondern auch einen offenen Geist und ein zugewandtes Herz. Dann können wir spüren, was unser Gegenüber fühlt und wie er gerade in der Welt ist. Es ist, als würde uns ein unsichtbares Netz miteinander und der ganzen Welt verbinden. Das ist echte Begegnung. Und wir können trotzdem völlig unterschiedlicher Meinung sein. Es kann eine zufällige Begegnung sein. Vielleicht berät uns gerade der Mann im Elektronikfachgeschäft, das wir aufgesucht haben, um eine Waschmaschine zu kaufen. Doch wenn wir ihn sehen und fühlen können, wird das Gespräch über die Waschmaschine mehr als ein Austausch von Informationen. Es ist dann, als würde man sich gegenseitig in die Seele gucken. Wenn wir diese Art von Verbundenheit zulassen können, ist die Welt für uns ein reicherer Ort, weil wir nie mehr allein sind.