Nikolausdorf - Sie gilt als die elegante Variante, war sogar mal die dominante Variante und ist inzwischen die verkannte Variante: „Warum die einhändige Rückhand verschwand“, könnte in nicht allzuferner Zukunft eine Schlagzeile in Tennis-Fachmagazinen lauten. Sie ist zwar nicht die verbannte Variante, weil sie nicht verboten werden soll, dennoch scheint sie auch so nach und nach abgeschafft zu werden. Am 19. Februar wies die Weltrangliste der Männer erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 1973 keinen Spieler, der die Rückhand grundsätzlich einhändig schlägt, unter den Top Ten aus, weil der zweifache griechische Grand Slam-Turnier-Finalist Stefanos Tsitsipas abgerutscht war. Und auch bei Freizeitspielern wird die Art, die Rückhand zu schlagen, mit der Steffi Graf, Boris Becker oder Roger Federer die Weltspitze erobert haben, seltener. „Tennis wird immer schneller, und da braucht man Stabilität und Vertrauen im Schlag. Das ist beidhändig einfacher“, sagt Daniel Rolfes (TC Nikolausdorf-Garrel), der mit der beidhändigen Rückhand viele Erfolge gefeiert hat.
„Wir haben auch gerade erst beim Training über das Thema gesprochen“, berichtet Rolfes, der mit den Herren 40 des TC N-G in deren höchste Spielklasse, die Regionalliga, aufgestiegen und letztes Jahr Nordostdeutscher Meister der M40 geworden ist. „Grundsätzlich spielen immer weniger Kinder eine einhändige Rückhand. Beidhändig ist es auch deutlich einfacher zu lernen, und man hat mehr Stabilität. Wenn man auf Turnieren bei Kindern und Jugendlichen schaut, gibt es auch kaum noch Spieler, die eine einhändige Rückhand spielen“, sagt Rolfes, der selbst Nachwuchs-Turniere organisiert und mit seinem talentierten Sohn Ben oft bei Turnieren ist.
Beidhändige Vorbilder
Und je weniger von den Topspielern, die sich der Nachwuchs zum Vorbild nimmt, die Rückhand einhändig schlagen, desto weniger Kinder und Jugendliche wollen mit der Zeit zu dieser Variante wechseln. Was auch nicht ganz einfach ist, wie Daniel Rolfes aus eigener Erfahrung weiß: „Ich selbst habe als Kind mal probiert, von beidhändig auf einhändig umzustellen. Ein halbes Jahr hatte ich eine Verletzung der Hand, und als ich wieder anfing, wollte ich auf Rat meines Trainers umstellen.“
Das habe auch sehr gut geklappt, aber als in seinem ersten Punktspiel nach der Umstellung Satz eins verloren ging, versuchte Rolfes es wieder beidhändig – und gewann noch in drei Durchgängen. „Eine Umstellung verlangt viel Disziplin und Geduld – und man muss auch mal Niederlagen hinnehmen können“, weiß Rolfes seitdem. Überhaupt seien die besten Returnspieler der Welt wie zum Beispiel Andre Agassi oder Novak Djokovic immer die mit beidhändiger Rückhand gewesen.
Slice und Volley
Dennoch muss der Trend der rückläufigen Zahlen bei der einhändigen Rückhand ja nicht unumkehrbar sein. Womöglich wird die einhändige Rückhand irgendwann wieder zum Vorteil, etwa aufgrund von Regeländerungen. Ganz verschwinden wird sie aber wohl so oder so nicht. Spielen doch auch sehr viele Tennis-Asse, die die beidhändige Rückhand nutzen, den Rückhand-Slice und den Rückhand-Volley einhändig. Zumindest bei diesen speziellen Schlägen gilt nicht unbedingt „doppelt hält besser“.