Im Nordwesten - Was mache ich mit meiner Heizung? Diese wichtige Frage kommt auf alle Immobilienbesitzer, Wohnungsgesellschaften und Hausverwalter zu. Mit dem erneuerten Gebäude-Energiegesetz (GEG) ist klar, dass bis zum Jahr 2045 der Wärmesektor komplett klimaneutral sein soll. Damit können die im Nordwesten weit verbreiteten Gasheizungen nicht mehr betrieben werden.
Angstkäufe bei Gasheizungen
Gegenwärtig arbeiten viele Städte und Gemeinden im Oldenburger Land und in Ostfriesland an einer kommunalen Wärmeplanung, doch noch liegen keine Ergebnisse vor. Solange das so bleibt, kann jeder Eigentümer einer Immobilie eine neue Gasheizung einbauen, wenn er das will. Und tatsächlich machen viele davon Gebrauch. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 1,3 Millionen Heizungen verkauft, so viele wie noch nie. Davon waren 60 Prozent Gasheizungen. Die Wärmepumpe legte zwar auch kräftig zu, blieb aber mit einem Marktanteil von 27 Prozent deutlich zurück.
Entsprechende Zahlen für die Region gibt es nicht, aber Eindrücke. „Die Wärmepumpe hat noch keinen guten Lauf“, sagt Jürgen Meyerjürgens, Obermeister der Innung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Ammerland. Auch sein Betrieb in Bad Zwischenahn habe viele Gasheizungen montiert. „Darunter waren Angstkäufe, weil Kunden dachten, dass sie bald keine Gasheizung mehr einbauen dürfen.“ Für den Klimaschutz sei das dennoch eine gute Nachricht: Die neuen Gasheizungen ersetzten oft uralte Systeme und sparten so bis zu 30 Prozent Energie ein. Die neuen Gasheizungen dürfen nun bis 2044 laufen – wenn der Versorger gasförmigen Brennstoff liefert, der zu einem immer höheren Anteil klimaneutral ist. Viele Berater raten jedoch vom Kauf einer fossil betriebenen Heizung ab, weil sich der Brennstoff durch höhere CO2-Abgaben in der Zukunft stark verteuern könnte.
Wenn die Wärmeplanung vorliegt, werden die Regeln strenger
Wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt, in den größeren Städten und Gemeinden im Nordwesten spätestens 2026, werden die Regeln strenger. Jeder Haushalt weiß dann, ob er sich künftig vielleicht an ein Wärmenetz anschließen kann – und darf keine fossile Heizung mehr einbauen. Die meisten Experten erwarten jedoch nicht, dass in der Region flächendeckend neue Wärmenetze entstehen.
Ebenso ist nicht damit zu rechnen, dass Wasserstoff als Heizenergie eingesetzt wird, abgesehen vielleicht von einzelnen Spezialfällen. Zwar sollen im Nordwesten größere Wasserstoffnetze entstehen und die Region eignet sich auch für die Produktion von grünem Wasserstoff. Der wird aber – wenn er irgendwann in nennenswerten Mengen verfügbar sein sollte – erst einmal für die Industrie und andere Zwecke gebraucht. „Für die private Raumheizung ist Wasserstoff viel zu teuer“, sagt Hartmut Beckmann vom Beratungsunternehmen Oldenburger Energiekontor.
Oft wird es auf die Wärmepumpe hinauslaufen
So bleibt den meisten Immobilienbesitzern die energetische Sanierung ihres Gebäudes und ein klimaschonendes Heizungssystem. Das Gesetz lässt mehrere technische Möglichkeiten zu, doch wird es nach Einschätzung von Energieberatern überwiegend auf die Wärmepumpe hinauslaufen. Für die Maßnahmen am Gebäude und das Heizungssystem selbst gibt es etliche Förderungen von staatlicher Seite, die jeweils an Voraussetzungen und Bedingungen geknüpft sind. Ohne Energieberatung dürfte ein Durchschnittsbürger da nicht durchsteigen, aber die ist ohnehin vorgeschrieben.
Wer seine Immobilie auf einen aktuellen Energiestandard bringen will, kann auf eine Vielzahl von Förderprogrammen zurückgreifen. Der Staat fördert sowohl Einzelmaßnahmen, wie zum Beispiel an der Gebäudehülle oder den Austausch von Fenstern und Türen, als auch eine umfassende Komplettsanierung. Dabei werden teils Zuschüsse, teils verbilligte Kredite durch die staatliche Förderbank KfW vergeben.
Die Details sind relativ komplex. Ein Beispiel: Neue Fenster fördert der Bund mit einem Zuschuss von 15 Prozent, plus noch einmal fünf Prozent, wenn die Maßnahme Teil eines umfassenden Sanierungsfahrplans ist. Der Immobilienbesitzer kann aber auch stattdessen 20 Prozent der Aufwendungen, maximal 40.000 Euro, über drei Jahre von der Steuer absetzen. Zu den Maßnahmen des Bundes kommen oft noch kommunale Zuschüsse. Die Stadt Oldenburg fördert zum Beispiel die energetische Sanierung von Altbauten mit fünf bis zehn Prozent bis zu einer Höchstsumme von 7500 Euro.
Die Kosten bleiben auch mit Förderung hoch und sind individuell sehr unterschiedlich. „Das wird das größte Infrastrukturprojekt Deutschlands nach dem Aufbau des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg werden“, sagt Robert Brückmann, Leiter des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) in Halle. Verbraucherschützer und Energieberater empfehlen allen Immobilienbesitzern, Rücklagen für die künftig notwendigen Investitionen zu bilden. Genaue Aussagen zu individuellen und gesamtwirtschaftlichen Kosten sind kaum möglich, aber es geht um Hunderte von Milliarden Euro. Allein die EWE versorgt 800.000 Haushalte mit Erdgas.
Nicht nur die finanziellen Ressourcen sind mit einem Fragezeichen versehen, sondern auch die Kapazitäten der Handwerker sind knapp. „Der Zeitrahmen ist sehr eng“, sagt Obermeister Meyerjürgens. Gegenwärtig liegt die jährliche Sanierungsrate von Gebäuden bundesweit unter einem Prozent. Anders gesagt: Von 100 Gebäuden wird in jedem Jahr höchstens eins saniert. Notwendig wären vier, nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das aber kann das Handwerk nicht leisten, das ohnehin unter Nachwuchsmangel leidet. „Die Anforderungen an die jungen Leute, die unseren Beruf lernen wollen, sind sehr hoch geworden“, sagt Meyerjürgens.