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nordwest-zeitung

Taxi-Branche im Ammerland So bewerten Mitbewerber die Situation

Er sieht große Herausforderungen auf die Taxi-Branche im Ammerland zukommen: Unternehmer Volker Kaddik aus Bad Zwischenahn.

Er sieht große Herausforderungen auf die Taxi-Branche im Ammerland zukommen: Unternehmer Volker Kaddik aus Bad Zwischenahn.

Wolfgang Alexander Meyer

Ammerland - Es hört sich dramatisch an, wenn Taxi-Unternehmer Volker Kaddik sagt, dass die Taxi-Branche sehenden Auges auf eine Katastrophe zusteuere. Der 60-Jährige ist sich sicher, dass in wenigen Jahren weitaus weniger Fahrer zur Verfügung stehen werden, während gleichzeitig der Kundenbedarf deutlich steigt, um nur eines der Probleme der Branche zu nennen. Unsere Redaktion hat sich bei einigen seiner Mitbewerber im Ammerland umgehört, um einen Eindruck zu erhalten, wie sie die Situation einschätzen – hier die Ergebnisse, nach Themen sortiert.

In der Zentrale im Bahnhofsgebäude in Bad Zwischenahn: Taxi-Unternehmer Volker Kaddik mit Disponentin Kerstin Marks

TAXIBRANCHE IM AMMERLAND „Wir steuern sehenden Auges auf eine Katastrophe zu“

Wolfgang Alexander Meyer
Ammerland

Alter der Fahrer

Weitere Infos

Für die Recherche dieses Artikels hat unsere Redaktion mit mehreren, jedoch nicht allen, Taxiunternehmen im Ammerland Kontakt aufgenommen, um einen besseren Eindruck der Situation zu erhalten.

An der Befragung haben, neben Volker Kaddik von der „Taxizentrale Bad Zwischenahn“, folgende Unternehmen bzw. Personen teilgenommen: Heinz Büntjen (Büntjen Taxi und Busunternehmen aus Rastede); Jan Frerk Claus (Taxikontor Apen); Ulf Pavel (Taxi Meyer GmbH Westerstede, Ocholt, Rastede); Renate Fredehorst (Taxi Fredehorst in Wiefelstede).

In Bezug auf die Fahrerinnen und Fahrer zeigt sich, dass die Überalterung der Fahrer ein Problem der Branche ist, von dem die Unternehmen unterschiedlich stark betroffen sind. Drei von den befragten fünf Firmen sagen, dass ein nicht unerheblicher Teil des Personalstamms in den kommenden Jahren ins Rentenalter komme.

Nachwuchs

In Bezug auf den Nachwuchs sind die Rückmeldungen noch schlechter. Lediglich Jan Frerk Claus aus Augustfehn gibt an, momentan keine Probleme zu haben, wenn es darum geht, Nachwuchskräfte zu finden. Alle anderen Unternehmen haben in der jüngeren Vergangenheit eher gegenteilige Erfahrungen gemacht – obwohl es an Bewerbungen oft nicht mangelt. „Ein paar Grundvoraussetzungen müssen allerdings erfüllt sein. Das fängt bei Sprachkenntnissen und einem gültigen Personenbeförderungsschein an“, sagt Heinz Büntjen aus Rastede. Wer nicht mit den Kundinnen und Kunden sprechen könne oder einen Dolmetscher brauche, sei für die Tätigkeit als Taxifahrer nicht geeignet.

Renate Fredehorst aus Wiefelstede teilt diese Einschätzung und ergänzt, dass es immer schwerer werde, Personal für die Wochenend- und Nachtschichten zu finden. „Das sind natürlich die unbeliebtesten Arbeitszeiten, zu denen es aber immer noch eine Nachfrage gibt.“

Arbeitszeit

Die Arbeitszeit der Fahrerinnen und Fahrer variiert, je nachdem, wie sich das jeweilige Unternehmen aufgestellt hat. Da ein Großteil der Fahrten mittlerweile Krankenfahrten sind, fallen viele Stunden insbesondere an den Vormittagen an. Die Fahrten am Abend und in der Nacht waren in den vergangenen Jahren eher rückläufig, sind aber immer noch Teil des Geschäftes. Dazu kommt, dass sich Auftragsspitzen auch unvorhergesehen ergeben und abgearbeitet werden müssen.

Lohn

Dass man als Taxifahrer kein Vermögen verdient, ist allgemein bekannt. Die gezahlten Beträge pro Stunde bewegen sich bei den befragten Unternehmen zwischen dem Mindestlohn (derzeit 12,41 Euro) und 15 Euro. Dazu kommen gegebenenfalls Zuschläge (zum Beispiel für Nachtfahrten oder Weihnachts- und Urlaubsgeld). „Die Fahrer erhalten auch regelmäßig Trinkgelder, die sie natürlich behalten dürfen“, sagt Heinz Büntjen.

Bürokratie

Zum Thema Bürokratie gibt es ein einstimmiges Bild. „Der Aufwand, der in diesem Bereich betrieben wird, ist enorm“, sagt Jan Frerk Claus vom Taxikontor Apen. Ein Beispiel seien die viel zu komplizierten Ausschreibungen des Landkreises.

„Auch die Abrechnungen mit den Krankenkassen für die Krankenfahrten nehmen viel Zeit in Anspruch und werden schon bei kleinen Fehlern nicht beglichen“, sagt Heinz Büntjen. Der Kasse sei es dabei egal, ob ein Formular in der Praxis falsch ausgefüllt werde oder das Taxiunternehmen verantwortlich sei. „Kümmern müssen wir uns im Zweifel darum, denn wir sind auf die Bezahlung angewiesen.“

Wünsche

Wünsche, um die Situation zu verbessern, gibt es viele in der Branche. Angefangen beim Bürokratieabbau oder einer Anpassung der Tarifstruktur. Ein weiterer Punkt, den mehrere Unternehmer ansprechen, ist die Durchsetzung des Gebietsschutzes. „Wenn hier in Wiefelstede das Schützenfest ist, sind auf einmal ganz viele Taxis aus Oldenburg da, obwohl die hier eigentlich nicht auf Kunden warten dürfen“, sagt Renate Fredehorst. „Vor allem bei solchen Großereignissen würde ich mir mehr Kontrollen wünschen“, sagt die Unternehmerin.

Die Prognose

Im Gespräch mit den verschiedenen Taxi-Unternehmen hat sich gezeigt, dass die Branche durchaus mit Problemen zu kämpfen hat – manche mehr, andere weniger. Einig sind sich die befragten Personen in dem Punkt, dass die Bürokratie zu viel Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Die von Volker Kaddik angesprochene Überalterung und das Nachwuchsproblem sind ebenfalls Punkte, die sich im Gespräch mit den Mitbewerbern erhärtet haben. Ulf Pavel ist sich sicher, dass der Service abnehmen werde, die Fahrten sich verteuern und die Taxifahrten teurer werden, wenn sich an der aktuellen Entwicklung nichts ändert. Die gute Nachricht ist, dass Gesprächsbereitschaft innerhalb der Branche vorhanden ist, wie mehrere Unternehmer signalisiert haben.

Wolfgang Alexander Meyer
Wolfgang Alexander Meyer Redaktion Oldenburg