Moin, erinnern Sie sich noch an den Begriff Betongold? Als die Banken beim Festgeld keine Zinsen mehr zahlten (oder sogar einen Negativzins berechneten), boomte der Immobilienmarkt. Selbst für Bruchbuden wurden abstruse Preise verlangt – und gezahlt. Von Quartal zu Quartal stiegen die Preise. Viele Anleger kauften auf Pump Eigentumswohnungen zur Vermietung.
Doppelt verdienen
Damit konnte man gleich doppelt verdienen. Die Zins- und Tilgungskosten lagen deutlich unter den Mieteinnahmen. Der Mieter zahlte die Wohnung ab und obendrauf noch eine ordentliche Rendite für den Besitzer. Gleichzeitig stieg der Wert der Immobilie jedes Jahr um etliche Prozente.
Mit der Rückkehr der Zinsen war es mit den enormen Preissteigerungen vorbei. Lohnt sich trotzdem noch die Anlage in Betongold? Dazu machen wir hier einige Modellrechnungen auf, die auf Durchschnittswerten des Oldenburger Immobilienmarktes basieren.
Modellrechnung
Im zweiten Quartal 2024 kostete eine durchschnittliche Wohnung in Oldenburg laut Immobilienscout24 2896 Euro pro Quadratmeter. Bei 80 Quadratmetern entspricht dies 231.680 Euro. Dazu rechnen wir zehn Prozent Nebenkosten (Grunderwerbsteuer, Notar, etc.). Die Gesamtkosten betragen somit 254 848 Euro. Bei einer Vermietung liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 9,05 Euro kalt. Das macht im Jahr 8688 Euro. Berücksichtigt man noch Rücklagen für eine Instandhaltung und nicht umlegbare Kosten des Vermieters, ergibt sich eine Rendite von nicht einmal zwei Prozent. Das ist weniger als die Inflationsrate. Ein solches Geschäft lohnt sich nicht.
Über Bank finanzieren
Doch wie sieht es aus, wenn man den größten Teil der Wohnung von der Bank finanzieren will? Vor einigen Jahren setzten zahlreiche Anleger auf 100-Prozent-Finanzierungen. Der Kaufpreis wurde komplett über Darlehen bezahlt. Der Investor übernahm nur die Nebenkosten. Heute verlangen Banken zumeist ein Eigenkapital in der Höhe von 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten. Das wären bei unserer Beispielwohnung 50 000 bis 75 000 Euro. Ein Anleger müsste somit rund 200 000 Euro finanzieren. Der durchschnittliche Zinssatz liegt bei einer zehnjährigen Laufzeit aktuell bei 3,66 Prozent. Pro Jahr wären das 7320 Euro an Zinsen – bei Netto-Mieteinnahmen von 8688 Euro. Rechnet man noch eine anfängliche Tilgung von zwei Prozent dazu, macht das 11 320 Euro, ohne Rücklagen für Instandhaltung oder Mietausfälle. Realistisch muss man also für die vermietete Immobilie jeden Monat 300 bis 400 Euro aus der eigenen Tasche dazulegen, um ein Betongold-Vermögen zu schaffen. Ich würde das nicht machen.
Musterwohnung vor vier Jahren
Zum Vergleich schauen wir jetzt mal auf die Musterwohnung vor vier Jahren. Im zweiten Quartal 2020 hätte sie 196 480 Euro gekostet – plus zehn Prozent Nebenkosten. Wir hätten nur rund 20 000 Eigenkapital einbringen müssen und hätten ebenfalls 200 000 Euro finanziert. Bei einem Durchschnittszins von 0,82 Prozent im Juli 2020 lagen die jährlichen Zinsen gerade mal bei 1640 Euro. Allerdings war die Miete mit 7,89 Euro pro Quadratmeter seinerzeit auch niedriger. Unterm Strich hätte das Mieteinnahmen von knapp 7600 Euro ergeben. Rechnet man zwei Prozent Tilgung (4000 Euro) und die Zinsen zusammen, ergibt das 5640 Euro. Der jährliche Überschuss ohne Instandhaltungskosten betrug also gut 2000 Euro. Wurde zwischenzeitlich die Miete erhöht, ergäbe sich ein noch höherer Überschuss. Und: Der Wert der Wohnung ist innerhalb von vier Jahren um 35 200 Euro gestiegen. Bis 2022 ging es mit den Preisen steil bergauf, seitdem fallen sie – zuletzt aber nur leicht.
Fazit: Eine Mietwohnung als Geldanlage lohnt aktuell nur noch in Ausnahmefällen. Wer vor einigen Jahren eingestiegen ist, kann bis zum Auslaufen der Zinsbindungsfrist noch ordentlich profitieren. Wer sich aber Gedanken machen muss, ist die Politik. Wenn kaum noch jemand in Wohnungen investiert, wird der Markt noch enger – und Mieten immer teurer.