Varel/Oldenburg - Georg Ramm aus Varel hat seine alte Gasheizung durch eine moderne Wärmepumpe ersetzt. Als er jedoch zufrieden den Gashahn zudrehen und sich beim zuständigen Netzbetreiber EWE Netz vom Gasbezug abmelden wollte, traute der Friesländer beim Ausfüllen des entsprechenden Formulars seinen Augen nicht: War die Stilllegung des Gasanschlusses im vergangenen Jahr bei dem Netztreiber aus Oldenburg noch kostenlos, so sollte er dafür nun eine pauschale Gebühr von 965 Euro und neun Cent zahlen. „Hier beutet man schamlos einen politisch vorgegebenen Trend aus und weiß, dass der Kunde sich nicht wehren kann“, kritisiert Ramm EWE Netz. „Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch richtig“, findet er.
Das sagt EWE Netz
Ein Sprecher von EWE Netz bestätigt die Summe – und auch, dass der Netzbetreiber aus Oldenburg erst seit Kurzem von Hausbesitzern Geld für dauerhafte Trennung vom Gasnetz verlangt. „Bisher konnten wir aufgrund einer sehr geringen Nachfrage nach Stilllegung von Erdgasanschlüssen auf eine Kostenübernahme dieser Leistung durch die Kundinnen und Kunden verzichten“, sagt er. Die Nachfrage sei aber, insbesondere durch die wachsende Zahl an Wärmepumpen, vor allem im vergangenen Jahr stark gestiegen. Schon 2023 sei es um eine „mittlere vierstellige Zahl“ an Erdgasanschlüssen im gesamten Netzgebiet von EWE Netz gegangen. „Für 2024 rechnen wir mindestens mit einer Verdoppelung“, sagte er. Deshalb berechne man Kundinnen und Kunden seit Anfang dieses Jahres die Kosten für die Stilllegung, sprich die dauerhafte Netztrennung.
Rechtlicher Hintergrund
Rechtlich sieht sich EWE Netz dabei auf der sicheren Seite und verweist auf Paragraf neun der Niederdruckanschlussverordnung (NDAV). Dort steht nämlich, dass Netzbetreiber bei Änderungen des Anschlusses dem Anschlussnehmer auch pauschalisiert Kosten berechnen können. „Wir halten es im Übrigen für richtig, die mit der steigenden Anzahl an Stilllegungen wachsenden Kosten verursachergerecht zu verteilen“, sagt der EWE-Netz-Sprecher weiter. Die Alternative wäre, dass alle anderen Gaskunden die Kostenbelastungen aus Stilllegungen über die Netzentgelte tragen müssten.
Zwei Optionen
EWE Netz verlangt für die dauerhafte Netztrennung einmalig 965,09 Euro. Der Netzbetreiber rechtfertigt das u.a. mit dem Umfang der Arbeiten. Der Anschluss werde komplett stillgelegt, der Zähler des Gasdruckregelgeräts demontiert, die Anschlussleitung beidseitig verschlossen und der Anschluss vom Ortsnetz getrennt, was mit Tiefbauarbeiten im Bereich der Straße verbunden sei, so der Unternehmenssprecher.
Als Alternative bietet EWE Netz auch ein vorübergehendes Pausieren an. Hierbei werde nur der Zähler entfernt und die Hausanschlussleitung verschlossen, erläutert der Sprecher. Der Gasanschluss könne bei dieser Option aber jederzeit wieder aktiviert werden. Solch ein vorübergehendes Pausieren ist bei EWE Netz mit jährlichen Kosten von 67,12 Euro verbunden. Als Grund dafür, dass für diese Option jährliche Kosten anfallen, verweist EWE Netz darauf, dass der Netzbetreiber bei solch einem „Standby“-Zustand aus Sicherheitsgründen weiterhin zu Hausanschlusskontrollen und bestimmten Dokumentationen verpflichtet sei.
Andere Netzbetreiber
Beim Blick auf andere Gasnetzbetreiber fällt auf, dass sie das Thema Stilllegungs-Kosten höchst unterschiedlich handhaben. Bei den Stadtwerken Emden etwa ist die Stilllegung des Gasanschlusses laut Sprecher Andreas Polle weiterhin kostenfrei. Auch bei der GEW Wilhelmshaven muss man für die Außerbetriebnahme eines Netzanschlusses nichts zahlen, teilt Frank Czieslik, Bereichsleiter Netze, mit. Kostenpflichtig sei für den Kunden nur eine Wiederinbetriebnahme des Anschlusses.
Bei den Stadtwerken Norden werden die Kosten für eine dauerhafte Netztrennung je nach Aufwand berechnet, teilt Sprecher Hilko Jürgens mit: „Diese liegen erfahrungsgemäß zwischen 500 und 700 Euro netto.“ Auch bei SWO Netz in Osnabrück fallen die Kosten für eine komplette Stilllegung laut „Neuer Osnabrücker Zeitung“ deutlich geringer aus als bei EWE Netz. Laut Preisliste fallen hierfür demnach rund 430 Euro an. Allerdings zahlt man in Osnabrück deutlich mehr – nämlich eine jährliche Pauschale von 331,42 Euro – für einen nur außer Betrieb genommenen Gasanschluss.
Und es gibt auch Netzbetreiber, die noch mehr als verlangen als EWE Netz. Bei SWM in München etwa werden laut „NOZ“ 1549 Euro für die Stilllegung des Anschlusses fällig und bei Netze Südwest (Nordbaden, Oberschwaben, Schwäbische Alb) müssen Hausbesitzer sogar 2975 Euro zahlen.