Im Nordwesten - Die Hochwasserlage in Niedersachsen bleibt auch am Donnerstag angespannt und verschärft sich lokal. Das geht aus der Vorhersage des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von Mittwochmittag hervor. Insgesamt meldeten 71 von 97 Pegeln in Niedersachsen Hochwasser, davon 40 die höchste Meldestufe 3.
Vorstufe zum Katastrophenalarm
Katastrophenalarm wurde bisher in keinem niedersächsischen Landkreis ausgelöst, allerdings stellten auch die Landkreise Celle, Emsland, Hildesheim und Osterholz eine Vorstufe fest. „Das nennt sich ein außergewöhnliches Ereignis“, sagte der Landesbranddirektor. Die Landkreise hätten dann unter anderem einen einfacheren Zugriff auf Hilfskräfte. Besonders betroffen sei die Stadt Sarstedt im Landkreis Hildesheim, wo die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen.
Deich in Lilienthal gerissen – Straßen evakuiert
Im Landkreis Osterholz liegt Lilienthal, wo nach Angaben der örtlichen Feuerwehr am Mittwochnachmittag ein Deich riss. Der betroffene Bereich werde von den Einsatzkräften evakuiert, teilte die Feuerwehr über Facebook mit. In der Nacht zum Samstag wurden weitere Straßen evakuiert. Wie viele Menschen davon betroffen waren, war zunächst nicht bekannt. Aktuell könne nicht abgeschätzt werden, ob die durchgeführten Maßnahmen an einem durchweichten Deich eine dauerhafte Stabilität gewährleisten, hieß es in einer Gefahreninformation der Feuerwehr. Die Anwohner würden mit einem Shuttleservice in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden. Lilienthal grenzt an Bremen.
Hochwasser-Lage im Landkreis Oldenburg stabilisiert sich
Auch an der Hunte im Landkreis Oldenburg entspannt sich die Lage etwas. Wie die Kreisfeuerwehr am Mittwochnachmittag mitteilte, flache das Einsatzgeschehen derzeit ab. Der Pegel der Hunte steige vorerst nicht weiter, und das NLWKN prognostiziere singende Pegelstände. Der kleine Krisenstab der Stadt Wildeshausen setze seine Sitzungen weiterhin fort.
Von Entwarnung kann also noch keine Rede sein: In Huntlosen erreichte der Pegelstand der Hunte am Mittwochmorgen derweile die Höhe von 644 Zentimetern – nur vier Zentimeter weniger als beim sogenannten Jahrhunderthochwasser 1998. In Colnrad wurden am 2. Weihnachtsfeiertag 422 Zentimeter gemessen. Am Vortag waren es noch zwei Zentimeter mehr.
Höhepunkt in Oldenburg steht noch bevor
Auch in Oldenburg steht der Höhepunkt beim Hochwasser wohl noch bevor. Am 28. und 29. dürfte der höchste Wasserstand der Hunte erreicht sein. Rund 30 Stunden nachdem der Scheitelpunkt den Pegel Colnrade passiert hat, erreicht er Oldenburg.
Die Stadt Oldenburg fordert dringend dazu auf, nicht mit Drohnen oder Motordrachen im Bereich von Gewässern zu fliegen. Die Einsatzkräfte werden dadurch in ihrer wichtigen Arbeit behindert.
Die Situation in Edewecht und Zwischenahn bleibt angespannt
Das aktuelle Hochwasser beschäftigt weiterhin weite Teile des Landkreises Ammerland. Insbesondere die Gemeinden Bad Zwischenahn und Edewecht stehen vor der großen Herausforderung, die angespannte Situation zu entschärfen, soweit das möglich ist. Denn nach wie vor befindet sich sehr viel Wasser im Zwischenahner Meer. Auch in der Gemeinde Edewecht haben sich riesige Wassermassen angesammelt. Einen Überblick finden Sie hier:
Flüsse bilden großen See in Kampe
Südlich der Fleischmehlfabrik in Kampe (Landkreis Cloppenburg) haben die über die Ufer getretenen Flüsse Soeste und Lahe am Zusammenfluss einen großen See gebildet. Auch hier wurden am Mittwoch aber seit Tagen wieder erstmals sinkende Wasserstände vermeldet. Auch am Barßeler Hafen und anderswo beruhigt sich die Lage ein wenig.
Leicht sinkende Pegelstände sorgten am Mittwoch für leichte Entspannungen der Hochwasserlage im Südkreis des Landkreises Cloppenburg. In Löningen sei die Lage im Moment aber stabil, sagte der stellvertretende Stadtbrandmeister Hartmut Schwarte am Mittwochmorgen. Und auch Essens Ortsbrandmeister Norbert Rump sagte, im Laufe des Mittwochs habe sich die Lage entspannt. Für eine Entwarnung ist es allerdings noch zu früh.
Pumpen im Dauereinsatz verhindern in Ostfriesland Schlimmeres
Im Harlingerland seien laut Obersielrichter Jan Steffens keine Überschwemmungen in Wohngebieten oder Siedlungen mehr zu erwarten. Entspannt sei die Lage jedoch noch nicht. Immer wieder kommt es zu Überschwemmungen in Überflutungsgebieten. „Wir haben noch immer sehr hohe Pegelstände zu verzeichnen, teils bis zu fünf Metern über Normalstand“, sagte Steffens. In und um Norden konnten über die Feiertage durch Pumpen und Sielen Überschwemmungen verhindert werden. Seit Heiligabend sänken die Pegel wieder, teilte Alexander Bauser vom Entwässerungsverband Norden mit.
Es ist noch nicht vorbei mit dem Hochwasser, das über Weihnachten im Landkreis Leer vielerorts über Überschwemmungen gesorgt hat, vor allem im Bereich des Leda-Jümme-Verbandes. 600 Feuerwehrleute und Hunderte freiwilligen Helfer waren im Einsatz. Mittlerweile fließt das Wasser ab – eine Entlastung, keine Entwarnung. Beim Leda-Jümme-Verband wird noch eine weitere Welle erwartet: zum Beispiel aus dem übervollen Zwischenahner Meer, das gerade abläuft.
Entspannte Hochwasser-Lage im Jeverland
„Wir kriegen das immer weggepumpt“, sagt Marko Harms aus Wüppels, Vorsteher der Sielacht Wangerland, zum Hochwasser im nördlichen Friesland. Lediglich im südlichen Stadtgebiet von Jever bis in den Raum Rispel und Leerhafe im Kreis Wittmund hinein staut sich nach Harms’ Worten das Wasser. Grund ist die Bahn-Baustelle am Mühlentief, westlich von Jever. Dort baut die Bahn eine neue Eisenbahnbrücke. Für die Arbeiten wurden Spundwände ins Mühlentief getrieben. Folge: „Da ist jetzt ein Engpass“, sagt Harms. Und deshalb läuft das Oberflächenwasser aus dem Verbandsgebiet im Süden und Westen langsamer ab.
Delmetalsperre schützt Delmenhorst vor der Katastrophe
In Delmenhorst ist man sicherlich froh über die Delmetalsperre in Ganderkesee-Schlutter. Das Bauwerk hat den Menschen in der Stadt jetzt zweifelsfrei das Weihnachtsfest gerettet und sich erstmals in einem echten Gefahrenfall bewährt. Am Mittwoch liefen dort allerdings Arbeiten zur Sicherung von Randgräben am Deichfuß des Beckens.
Nie zuvor nämlich ist der Wasserstand in der Talsperre so hoch gewesen. „Wir haben mehr als eine Million Kubikmeter Wasser eingestaut und in der Spitze eine Stauhöhe bis zu 10,80 Metern gehabt“, sagte Ochtumverbands-Geschäftsführer Matthias Stöver. Selbst beim Probeeinstau zur Ersterprobung des Beckens sei damals nur bis in 10,20 Meter Höhe eingestaut worden. Ausgelegt sei das Becken für ein hundertjähriges Ereignis mit einer Einstaumenge von bis zu 1,8 Millionen Kubikmetern Wasser.
Niedrigwasser in der Nordsee stört Fährverkehr nach Norderney
Während vielerorts im Nordwesten gegen die Auswirkungen des Hochwassers gekämpft wird, macht Touristinnen und Touristen Niedrigwasser in der Nordsee zu schaffen. Der Fährverkehr nach Norderney sei von Ausfällen und Verzögerungen betroffen, teilte der Fahrdienstleiter der Reederei Frisia, Rald Ackermann, im Gespräch mit der Agentur Nonstopnews mit. Wie es auf der Website der Reederei heißt, kommt es zu Ausfällen und Verzögerungen. Die Reederei verweist auf den Online-Fahrplan für weitere aktuelle Informationen.