Das Internet-Zeitalter macht Menschen einsam und unglücklich – so eine landläufige und in vielen Teilbereichen auch belegbare öffentliche Meinung. Wie schön, dass es mit LAN-Partys auch positive Gegenbeispiele gibt. Geradezu wider alle Erwartungen lebt diese Veranstaltungsform auch nach einer Generation noch und findet junge Teilnehmer, wie der Verein „Total verplant“ mit seinem Event mit 170 Teilnehmern am Wochenende in Brake bewiesen hat. Das zeugt nicht nur von organisatorischem Geschick, sondern auch davon, dass sich tolle Atmosphäre trotz der Quantensprünge der Computertechnik nicht ersetzen lässt.

170 Zocker haben sich in Brake bei der LAN-Party des Vereins Total verplant zusammengefunden. Viele Teilnehmende haben mehrere der 31. Auflagen der Veranstaltung mitgemacht. Das denken sie über die vermutlich größte Gaming-Veranstaltung im Nordwesten.

170 TEILNEHMENDE BEI GAMING-EVENT IN BRAKE Klassentreffen der Zocker – Darum zieht LAN-Partys niemand den Stecker

Tim Rosenau
Brake

Die Computerspiele sehen heutzutage deutlich besser aus als die frühen Titel, die seit dem Ende der 90er-Jahre auf LAN-Partys gezockt wurden – damals noch auf klobigen Röhrenmonitoren; befeuert von lauten und schweren Rechnern, deren Leistung heute jedes Smartphone locker in die Tasche steckt –, aber im Grunde hat sich am Prinzip gar nichts geändert: Dutzende oder gar Hunderte Spieler, die sich einander oft völlig fremd sind, sitzen zwei Tage nebeneinander, um sich virtuell via Mausklick zu messen.

Warum diesen Aufwand auf sich nehmen, wenn man auch aus dem eigenen Wohnzimmer dank Breitband-Internet und leistungsstarker Technik mit der ganzen Welt zocken kann? Angesichts der vielen Trends mit Bezug auf Computer, die es in den vergangenen Jahrzehnten gab und die größtenteils spurlos verschwunden sind (wer erinnert sich an Klapp-Handys?) ist das nicht selbstverständlich. Zur Jahrtausendwende mussten sich Zocker in Killerspieldebatten erklären und waren in der Wahrnehmung deutlich stärkere Exoten als heute, wo „Nerds“ und ihre Welt – von Sammelkartenspielen über Comics bis hin zum Gaming – die Popkultur dominieren. Eine LAN-Party hatte einst identitätsstiftenden Charakter, heute wissen zumeist selbst Großeltern, was eine Playstation ist. Aber genauso wie Menschen gern Konzerte und Festivals besuchen, obwohl es Musik auch im Streaming-Abo gibt, ist das Event selbst eben ein Ausschlag.

Denn es geht nicht nur darum, wer ein Turnier gewinnt, sondern dass man sich dabei gegenseitig anfeuern oder im Nachgang mit den Sitznachbarn über das Für und Wider fachsimpeln konnte. Dass der Bildungsgrad oder der Job mal gar keine Rolle spielen, sondern lediglich die eigene Hand-Augen-Koordination – verbunden mit einem Zugehörigkeitsgefühl vor Ort, dass kein noch so gemütliches Zocker-Wohnzimmer bieten kann. Denn dort ist man auch mit der größten Glasfaserleitung am Ende doch nur Solo-Spieler.

Schön also, dass es immer noch LAN-Partys gibt.

Zocken in der Stadtbibliothek: Auch ein Gamingabend gehört zum Programm.

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Oldenburg

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Arne Haschen
Arne Haschen Digitalteam Wesermarsch