Navigation überspringen
nordwest-zeitung

Trinkkultur als Problem Alkoholabhängigkeit kann jeden Treffen – Suchtberatung Friesland hilft

Alkohol ist normal, der Zugang weit verbreitet. Die Gefahr von Abhängigkeiten ist deshalb auch in Friesland besonders hoch (Symbolbild).

Alkohol ist normal, der Zugang weit verbreitet. Die Gefahr von Abhängigkeiten ist deshalb auch in Friesland besonders hoch (Symbolbild).

dpa

Friesland - Alkohol ist allgegenwärtig. Alkohol wird getrunken, um zu feiern, um Spaß zu haben oder zur Entspannung im Feierabend. Diese Trinkkultur führt aus Sicht der Suchtberaterin Imke Janssen dazu, dass Alkoholabhängigkeit nach wie vor die größte Gruppe der Suchterkrankungen darstellt. „Eine vergleichbare Cannabiskultur gibt es nicht“, sagt die Expertin der Suchtberatung Friesland. Und eben diese dauerhafte Präsenz von Alkohol führt teilweise dazu, dass Abhängigkeiten nicht erkannt werden. „Ich bin doch kein Alkoholiker“ ist dann oft die Selbstwahrnehmung von Betroffenen, sagt Janssen. „Wenn man noch alles im Leben hinbekommt, passt das nicht zum Bild eines Alkoholabhängigen“, so die Expertin.

Sucht beginnt schleichend

„Was früher noch als gesund galt, etwa ein bis zwei Gläser Wein am Tag, gilt inzwischen als überholt“, sagt Janssen. Stattdessen kommt man schnell in den Bereich des schädlichen Gebrauchs. Das Problem: Eine Sucht entwickelt sich meist schleichend, nicht von einem Tag auf den anderen. Es setzt eine Gewöhnung ein, die Pausen schwinden, die Menge steigt. „Trinken wird an dem Punkt ein Problem, an dem es eine Funktion bekommt“, sagt die Suchtberaterin. Zum Beispiel, wenn man gestresst ist und nur das Feierabendbier einen entspannt oder Persönlichkeitsdefizite ausgeglichen werden sollen. Klassisches Beispiel dabei: sich erst nach etwas Alkohol trauen, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Alkoholabhängigkeit ist die häufigste Diagnose bei den Klienten der Suchtberatung Friesland – über ein Drittel sind abhängig oder zeigen einen schädlichen Gebrauch. Das Zeigen aktuellen Zahlen des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2023. „Alkohol bleibt das Hauptproblem“, sagt Janssen.

Lesen Sie auch: Wie sich die Cannabis-Legalisierung auf Jugendliche auswirken könnte

Vernachlässigung von Freunden

Abhängigkeiten können auch dazu führen, dass sich das ganze Leben darum dreht – aber nicht immer für andere wahrnehmbar. Es könne aber passieren, dass sich alle Gedanken und der Tagesablauf an der Sucht ausrichten. Eine gedankliche Verengung, etwa auf den Alkohol, führt oft mit der Zeit auch zu einer Begrenzung der sonstigen Aktivitäten. Statt Hobbys, Gartenarbeit oder andere Interessen steht der Alkohol im Vordergrund. Das kann auch zur Vernachlässigung sozialer Kontakte führen. „Wenn ich nicht will, dass ein Freund merkt, dass ich schon was getrunken habe, vielleicht weil er mich auch schonmal darauf angesprochen hat, vermeide ich vielleicht den Kontakt“, sagt Janssen. Die Verheimlichung von Sucht kann dabei auch mit Schamgefühlen zusammenhängen, so die Suchtberaterin.

Sie hilft Menschen mit Suchtproblemen: Imke Janssen von der Suchtberatung Friesland.

SUCHTBERATUNG IN FRIESLAND Medienabhängigkeit wird zunehmend zum Problem

Fabian Steffens
Friesland

Beratung mit Schweigepflicht

Das Thema Scham kann für Menschen auch ein Hindernis sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Janssen von der Suchtberatung Friesland betont aber, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen Fachkräfte sind: „Wir sehen Suchterkrankungen als das, was sie sind: Erkrankungen. Und die sind oft behandelbar. Das hat nichts mit einem schwachen Charakter oder fehlendem Willen zu tun.“ Oft würden sich Betroffene bei der Suchtberatung zum ersten Mal richtig öffnen. Die Gespräche in den Beratungen sind vertraulich und unterliegen der Schweigepflicht. Deshalb können auch Suchtprobleme mit illegalen Drogen thematisiert werden, ohne dass Betroffene etwas befürchten müssen. Dennoch merkt die Beratungsstelle einen Unterschied, bei legalen Drogen ist für viele die Hemmschwelle niedriger, glaubt Janssen. Deshalb setzt sie auch große Hoffnungen auf die Cannabislegalisierung.


Unterstützung bei Therapie

Bei Behandlungen von Alkoholabhängigkeiten gibt es aber ein großes Problem: die Griffbereitschaft. Alkohol lässt sich leicht an vielen Orten und Tageszeiten kaufen. Um einen eigenen Umgang damit zu finden und nicht in alte Verhaltensmuster zu fallen, hilft die Suchberatung Friesland auch beim Finden von ambulanten oder stationären Therapieplätzen.

Kontakt zur Suchtberatung

Die Suchtberatung Friesland betreibt im Landkreis zwei Standorte: in Varel und in Jever. Außerdem gibt es regelmäßige Außensprechstunden auf der Insel Wangerooge.

In Varel ist die Beratungsstellung in der Bahnhofstraße 6 zu finden. Termine für ein erstes Gespräch können unter Tel. 04451/96420 vereinbart werden.

In Jever sitzt die Beratungsstelle in der Kostverloren 2. Termine können hier unter Tel. 04461/913650 vereinbart werden.

Per Mail ist die Beratungsstelle außerdem unter friesland@paritaetischer-suchthilfe-nds.de erreichbar.

Fabian Steffens
Fabian Steffens Volontär, 1. Ausbildungsjahr
Themen