Navigation überspringen
nordwest-zeitung

Umstellung auf H-Gas Warum EWE Netz im Nordwesten Gasheizungen sperrt

Vor der Umstellung auf H-Gas überprüft EWE Netz die Heizungen.

Vor der Umstellung auf H-Gas überprüft EWE Netz die Heizungen.

EWE Netz

Friedeburg/Oldenburg/Hannover - Seit 2018 stellt die EWE Netz in ihrem Netzgebiet die Erdgas-Versorgung schrittweise von sogenanntem L-Gas auf H-Gas mit einem höheren Brennwert um. Hunderttausende Gaskunden im Nordwesten haben in den vergangenen Jahren schon Besuch von einem Monteur bekommen, der im Vorfeld der Umstellung auf H-Gas die Anlagen überprüft. Bei einigen von ihnen endete die Überprüfung allerdings mit einer bösen Überraschung: Ihre Gasgeräte wurde wegen zu hoher Kohlenmonoxid-Werte sofort gesperrt.

Lesen Sie auch: Gas-Umstellung – Was jetzt auf Hunderttausende Ostfriesen zukommt

So erging es kürzlich auch einer Familie aus Friedeburg. Die Folge: Über mehrere Wochen standen der Familie aus dem Kreis Wittmund weder Heizung noch Warmwasser zur Verfügung. Doch ist solch eine – zumindest vorübergehende – Stilllegung überhaupt rechtlich zulässig? Fragen und Antworten:

Darf EWE Netz eine Gasheizung sofort sperren ?

Der Netzbetreiber ist im Zuge der Umstellung auf H-Gas zur Messung des Kohlenmonoxid- (CO-)Gehalts verpflichtet. Rechtliche Grundlage dafür sind bundesweit die Vorgaben des Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW-Arbeitsblatt G 680). Dieser legt auch die entsprechenden Abgasgrenzwerte fest und schreibt die Maßnahmen bei deren Überschreitung vor, erläutert EWE-Netz-Sprecher Volker Diebels. Angegeben wird der Kohlenmonoxid-Gehalt in der Luft in der Regel in ppm (parts per million/Teile pro Million). „Ab einer Konzentration von 1000 ppm ist eine sofortige Sperrung des Gerätes notwendig, um die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten“, sagt Diebels. Doch bereits ab 300 ppm muss vor Ort ein Mangelschein ausgestellt werden. Das bestätigt auch Stephan Langer, Landesinnungsmeister für das Schornsteinfegerhandwerk Niedersachsen: „Bei CO-Werten über 300 ppm erfolgt eine Mängelmeldung. Bei Werten über 1000 ppm wird das Gerät sofort gesperrt.“

Kohlenmonoxid

Kohlenmonoxid (CO) ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas, das beim Menschen zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. CO bindet sich etwa 200- bis 300-mal stärker an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin als Sauerstoff, was den Sauerstofftransport blockiert, erläutert Stephan Langer, Innungsmeister beim Landesinnungsverband für das Schornsteinfegerhandwerk Niedersachsen.

Schon bei geringen Konzentrationen können Nervenschäden entstehen. Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit können auf eine CO-Vergiftung hinweisen, sagt Langer: „Eine CO-Vergiftung wirkt schnell und häufig tödlich, da es zum Versagen lebenswichtiger Organe führt.“

Was passiert, wenn ein zu hoher Kohlenmonoxid-Wert festgestellt wird ?

Wird ein überhöhter Kohlenmonoxid-Wert festgestellt oder schlimmstenfalls die Gasheizung sogar gesperrt, muss der Eigentümer oder Kunde unverzüglich einen Fachbetrieb beauftragen, um den Mangel zu beheben. „Dies muss innerhalb von vier Wochen geschehen“, erläutert Diebels. Die Monteure von EWE Netz selbst dürfen das nicht übernehmen.

Warum gilt nicht die Messung der Schornsteinfeger ?

Regelmäßig – je nach Art des Gerätes einmal im Jahr oder alle zwei Jahre – prüft auch der Schornsteinfeger die Gasheizung, allerdings auf Grundlage der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO). Gemäß KÜO erfolgt hier die Abgasmessung allerdings ausschließlich in Teillast, während die Überprüfung nach DVGW-Arbeitsblatt G 680 sowohl im Teillast- als auch im Volllastbetrieb vorgenommen werden muss. Deshalb können Netzbetreiber wie EWE Netz für die Erdgasumstellung auch nicht die Messprotokolle der Schornsteinfeger nutzen. Zwar sollte auch nach KÜO ein Kohlenmonoxid-Wert von 1000 ppm nicht überschritten werden, die Folgen sind allerdings andere. „Bei Überschreitung des Grenzwertes von 1000 ppm gibt der Schornsteinfeger eine Frist zur Mängelbehebung von maximal sechs Wochen, abhängig von der Gefährdungslage“, erläutert Langer. Eine Außerbetriebnahme aufgrund der Überschreitung des Grenzwertes erfolge dagegen in der Regel nicht, sondern nur bei „Gefahr im Verzug“, also wenn etwa Abgas austritt.

Bei wie vielen Gasgeräten hat EWE Netz zu hohe Kohlenmonoxid-Werte festgestellt ?

Seit Beginn der Erdgasumstellung auf H-Gas hat EWE Netz nach eigenen Angaben bislang rund 615.000 Erdgasgeräte im Nordwesten erfasst und überprüft. Bei etwa drei Prozent der Geräte seien Abgaswerte von mehr als 300 ppm festgestellt worden, was eine Mängelmeldung zur Folge hatte, so Diebels. Etwa ein Prozent der Geräte, in Summe also mehr als 6000, seien bislang aufgrund einer Kohlenmonoxid-Konzentration von mehr als 1000 ppm sofort vorübergehend gesperrt worden. Nach EWE-Netz-Angaben konnten in den meisten Fällen die betroffenen Geräte nach Behebung des Mangels durch einen Fachbetrieb wieder in Betrieb genommen werden. Weniger Glück hatte dagegen die Familie aus Friedeburg. Weil bei ihrer Gasheizung der Mangel nicht behoben werden konnte, musste sie eine komplett neue Heizung anschaffen.

Nicht jeder Kamin- bzw. Holzofen darf im kommenden Jahr noch ohne Nachrüstung betrieben werden.

NEUE RICHTLINIEN 2025 Von Nachrüstpflicht bis Stilllegung – das müssen Besitzer von Kaminöfen beachten

Sabrina Wendt
Im Nordwesten

 

Jörg Schürmeyer
Jörg Schürmeyer Thementeam Wirtschaft
Themen