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nordwest-zeitung

Verlegung am Montag in Leer Diese neuen Stolpersteine werden von jugendlichen Paten betreut

Bruin Boerema (v.l.) und zwei Gehilfen verankerten die vier Steine im Boden der Mühlenstraße.

Bruin Boerema (v.l.) und zwei Gehilfen verankerten die vier Steine im Boden der Mühlenstraße.

Axel Pries

Leer - Leer hat seit Montagmorgen vier neue Stolpersteine, die an die Wohnorte ermordeter Juden erinnern. Damit gibt es jetzt insgesamt 52 in der Ledastadt. Doch jene vier, die am Montagmorgen in der Mühlenstraße ins Pflaster eingebaut worden sind, werden von besonderen Umständen begleitet: Für diese Steine haben Schülerinnen und Schüler des Teletta-Groß-Gymnasiums (TGG) die Patenschaft übernommen. Sie erinnern an die Familie de Vries, auf deren Spuren sich die Fünftklässler unter der Leitung der Lehrerin Claudia Lax begeben haben.

„Detektive der Vergangenheit“

Die vier Stolpersteine in der Mühlenstraße erinnern an die Familie de Vries. Bild: Axel Pries

Die vier Stolpersteine in der Mühlenstraße erinnern an die Familie de Vries. Bild: Axel Pries

„Wir können die Gräueltaten von damals nicht ungeschehen machen, aber wir können die Opfer ehren“, erklärte Bürgermeister Claus-Peter Horst (parteilos) bei der Verlegung im Beisein von mehreren Dutzend Schülern, Vertretern des TGG, der christlich-jüdischen Gesellschaft in Ostfriesland, Landrat Matthias Groote (SPD) und des Holocaust-Überlebenden Albrecht Weinberg – sowie Nachfahren der ermordeten Familie, die dazu eigens aus Frankreich sowie den Niederlanden angereist waren. Die TGG–Schüler hatten sich in ihrer Arbeitsgemeinschaft „Detektive der Vergangenheit“ intensiv mit der Familie de Vries – und dabei besonders mit dem Schicksal von Sicilia de Vries beschäftigt, die mit gerade einmal 21 Jahren in Auschwitz ermordet worden ist und wohl die letzte jüdische Schülerin am damaligen Oberlyzeum für Mädchen gewesen ist – der Vorläuferin des TGG.

Nacheinander erzählten die Schülerinnen und Schüler die Geschichte und die grausigen Erlebnisse der Eltern Jonas und Berta de Vries sowie ihrer Töchter Sicilia und Elisa, die in der Pogromnacht von 1938 bedroht und aus dem Haus getrieben wurden, die umziehen mussten und deren Spuren sich nach der späteren Deportation von Berlin nach Auschwitz verloren. Es ist nicht bekannt, ob sie 1943 sofort nach der Ankunft in dem Vernichtungslager vergast wurden oder Opfer der Haftbedingungen geworden sind. Aber vier Stolpersteine erinnern nun an sie, und sie werden von den Jugendlichen des Teletta-Groß-Gymnasiums gepflegt werden, erklärt die Lehrerin und Kursleiterin Lax, bevor der niederländische Maurer Bruin Boerema zusammen mit zwei Helfern die Steine einmauerte. Der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, konnte diesmal nicht selbst nach Leer kommen, Bruin Boerema hat ebenfalls viel Erfahrung. Er ist im niederländischen Stadskanaal in einer Stolpersteine-Arbeitsgruppe und hat dort 142 Steine verlegt.

Rosen zu Ehren der Ermordeten

Ehrenbürger Albrecht Weinberg, der Bürgermeister und Erika Ostendorf, die Eigentümerin des Hauses in der Mühlenstraße 98, vor dem die Gedenksteine nun am Boden glänzen und an die einstigen Bewohner erinnern, waren die ersten, die eine Rose zu Ehren der Familie ablegten.

Am Sonntag zuvor hatte es bereits eine weitere Verlegungsaktion gegeben: Da wurden zwölf weitere Stolpersteine in Leeraner Boden verankert. Und dabei gehe es nicht nur um das Gedenken an die Vergangenheit, erklärte der Mitorganisator Bernd-Volker Brahms, sondern: „Wir machen das auch für die nächste Generation.“

Noch einmal blank geputzt: der 400. Emder Stolperstein, verlegt zu Ehren des in Emden legendären reformierten Pastors Hermann Immer.

STOLPERSTEIN-EHRUNG FÜR EMDER PASTOR Hermann Immer bot Zuflucht und Trost auch in dunkelster Nazi-Zeit

Gaby Wolf
Emden
Axel Pries
Axel Pries Ostfriesland-Redaktion/Leer
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