Lemwerder - Ohne es zu wissen, sieht man sie überall und beinahe täglich: die Produkte von Procedes in Lemwerder. Das Familienunternehmen, das vor über hundert Jahren als Segelmacherei begann, ist heute ein „Big Player“ im Bereich Digitaldruck in der Messe- und Veranstaltungsbranche. Werbe- und Fassadenbanner, Pressewände und Bühnenhintergründe stellen die knapp 250 Mitarbeiter an inzwischen vier Standorten unter anderem her, dazu kommen Aluminiumkonstruktionen nach Wünschen des Kunden.
Diese sind durchaus prominent: Ministerien, Dax-Konzerne, sämtliche deutsche Automobilunternehmen und sogar Fußballverbände setzen auf die Produkte aus Lemwerder. Aber auch Baumärkte und Einzelhandelsgeschäfte kommen auf Procedes zu, etwa für Außenwerbung und Gangschilder.
Standort in den USA
„Bei uns kommt alles aus einer Hand: Druck, Grafik, Aluminiumrahmen, Montage, Projektmanagement“, sagt Geschäftsführer Alexander Beilken. Innerhalb von vier bis sieben Tagen liefern sie ihren Kunden ihr Produkt, nur selten, bei Großprojekten, dauert es bis zu zwölf Wochen. Das Kerngebiet ist Deutschland, Österreich, Schweiz und die Benelux-Staaten, doch längst hat es Procedes auch über den Atlantik geschafft. „In Sachen Kongresse und Events sind die USA der größte Binnenmarkt der Welt. Gleichzeitig sind deutsche Unternehmen in der Messe-Branche sehr prominent“, sagt Beilken. So entstand 2020 in Chicago der erste internationale Procedes-Standort.
Weitere Standorte bestehen schon länger in Köln und Stuttgart, ein Großteil der Produktion wird aber noch immer von Lemwerder aus in die weite Welt geschickt. Auf 8000 Quadratmetern werden hier 50 verschiedene Stoffe, größtenteils aus Polyester, verarbeitet. Elf Druckmaschinen in fünf Metern Breite stehen für großformatige Druckereien zur Verfügung, dazu zahllose Nähmaschinen und eine Werkhalle für die Aluminiumverarbeitung.
Geburtsstunde in Paris
Die Geburtsstunde von Procedes als Nachfolger der Segelmacherei Beilken ereignete sich in Paris. Dort traf Berend Beilken, der Vater von Alexander, den französischen Messebauer Guy Chenel, der ein nicht brennbares Papier entwickelt hatte und Vertriebspartner suchte. „So wurden wir die deutsche Dependance“, so Beilken. Eine Dependance mit anfangs gerade mal fünf Leuten.
Der Durchbruch gelang um die Jahrtausendwende, als man sich entschied, auf Textilien umzusteigen und größere Druckmaschinen anschaffte. Das Wachstum ist stetig: Verarbeitete Procedes vor zwölf Jahren noch etwa 100 000 Quadratmeter Stoff jährlich, sind es heute knapp 1,5 Millionen, sagt Beilken. „Heute ist bei uns alles automatisiert und papierlos“, sagt Beilken. „Wir beschäftigen Programmierer, um Arbeitsabläufe digital abbilden zu können“, so der 35-Jährige.

Nähmaschinen kommen bei Procedes in Lemwerder ebenfalls zum Einsatz.
Florian Fabozzi
Auch das Verpacken ist bei Procedes vollautomatisiert.
Florian Fabozzi
Eine Vielzahl verschiedener Papiere und Textilien werden eingerollt auf Paletten gelagert.
Florian FabozziKrisenmanagement
Ein Schock war 2020 der Ausbruch der Corona-Pandemie. „Alle Messen wurden abgesagt und auf einem Schlag verloren wir den Großteil unsere Umsätze.“ Man machte die Not zur Tugend und die 2011 gegründete Tochterfirma Procedes ID für Büro-Innenausstattung zum kurzfristigen Zugpferd der Unternehmensgruppe. Seine Mitarbeiter musste Beilken zwar in Kurzarbeit schicken, doch es gelang ihm, sie dennoch zu beschäftigten und zu binden. Beilken: „Wir haben etwa früh damit begonnen, Masken in großer Stückzahl zu nähen“. Und einem befreundeten Unternehmen, das mit kupferbeschichteten Textilien arbeitet, griffen sie kurzerhand unter die Arme.
Nachhaltigkeit und KI
Im Sinne der Nachhaltigkeit arbeitet Procedes inzwischen verstärkt mit recycelbaren Stoffen. „Wir sind ein Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft“, sagt Beilken. Schon mal genutzte Banner werden wiederverwendet. Auch Aluminiumkonstruktionen von Messe-Kunden werden eingelagert und noch mal genutzt, wenn klar ist, dass sie auch im nächsten Jahr an der Messe teilnehmen.
Des Weiteren produziert Procedes in Lemwerder 30 Prozent seines Stromes über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Produktionshalle. Vorangetrieben werden auch Prozesse, die auf künstlicher Intelligenz basieren: Diese soll bei der Qualitätsprüfung von Kundendaten helfen, Fehlerbilder erstellen und diese schnell übermitteln.
Sportliches Highlight
Ein Highlight, auf das Beilken und sein Team in diesem Jahr besonders hinfiebern, ist die kommende Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land im Sommer. Sowohl Stadien als auch Fanmeilen bestückt Procedes unter anderem mit Zeltkonstruktionen für Lounges, mit Eingängen, VIP-Logen und Stadionbannern. „Das wird eine ganz tolle Sache für alle Deutschen.“
Und so darf sich auch das größte Fußballturnier Europas über Qualität „Made in Lemwerder“ freuen.